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VinoCamp, Querbach und die Philippsmühle bei TalTotal

VinoCamp Querbach Philippsmühle TalTotal
Was für ein Wochenende war denn das! Es fand das fünfte VinoCamp in Deutschland in Geisenheim statt. Das Rahmenprogramm war vielfältig gestaltet mit Weingutsbesuchen und einer Feier am Weinfass in Hattenheim. Erstmals hatte ich mich auch auf einem Weingut im Rheingau einquartiert. Das war Querbach in Oestrich-Winkel. Und erstmals war ich mit dem Fahrrad ins Rheingau gekommen. Zurück ging es dann mit TalTotal durch das Mittelrheintal.

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Das VinoCamp war zwar nicht wirklich stark besucht jedoch sehr inspirierend. Alle positiven Erlebnisse zu nennen würde zu weit führen. Gleich zu Beginn besuchte ich eine Chinon-Veranstaltung mit der Verkostung dreier dieser Weine. Einer war weiß und aus der Amphore. Der kam in der Runde auf dem VinoCamp gut an. Für mich ist Chinon allerdings Cabernet Franc. Da gab es dann einen 2014er und einen Rotwein aus 2003. In der Verkostungsrunde gab es einige Kritiker dieser beiden Weine.

Zahlreiche gute Sessions auf dem VinoCamp

Doch die Chinon sind eben genau so. Frankreich hat eine ganz andere Weinkultur als Deutschland. Wein ist oft ein Essensbegleiter und da kann man mit Chinon auch viel anfangen. Der gereifte Cabernet Franc war aus meiner Sicht – trotz der Kritik – durchaus akzeptabel. Nun ist sicherlich 2003 nicht das optimale Jahr um eine gute und passende Reifung zu demonstrieren. Aber generell war dieser Wein etwas für Altweintrinker. Und da ich im Nachgang des VinoCamps auch als Altweinblogger bezeichnet wurde, so auch für mich.

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Während der Zeit des VinoCamps stand ein Bus für Bordeaux am Campus in Geisenheim. Der kam jedoch nicht aus Frankreich, sondern aus Hamburg. Der Verkostungsbus wird bei verschiedenen Veranstaltungen in Deutschland eingesetzt. Hier kann man Weine aus Bordeaux vor allem aus der mittleren Preisregion in allen drei Farben probieren. Dazu gibt es eine Speisenempfehlung. Also auch hier wieder einmal das französische Grundthema: Wein und Speisen. Um dies auf einem Bus leicht handhabbar zu machen, gibt es zu dem Wein aromatisiertes Popcorn. Eine gute Idee und eine schöne Umsetzung auf dem VinoCamp!

Ich besuchte noch zwei weitere Sessions zu den Themen Food-Fotografie und SEO. Zudem gab es noch eine sehr schöne Verkostung von neuseeländischen Pinots. Beides war durchaus spannend und mehr oder weniger diskursiv (dieser Begriff kommt jetzt nur für die SEO-Leute, weil dieses Blog nach einer Sprachanalyse zu einfach für die Zielgruppe geschrieben scheint). Ein weiterer Höhepunkt waren die Sozialen Weinproben. Für alle die das VinoCamp nicht kennen: Jeder bringt einen Wein zu einem bestimmten Thema mit und man verkostet dann zusammen. Es ist immer wieder erstaunlich auf welchem hohen Niveau dann Diskussionen stattfinden.

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Bei mir wurden aufgrund mangelnder Beteiligung gleich drei Weinproben zusammengelegt. Eigentlich war ich beim Thema „Red Sprakeling“, also rotem Schaumwein angemeldet. Das ist ein durchaus kompliziertes Thema. Nicht nur bei Endverbrauchern, sondern auch bei Weinfachmenschen. Das zweite Thema waren Weine aus religiösen Einrichtungen und sozialen Projekten. Das war für mich mit großem Gewinn verbunden. So habe ich zwei Weine von katholischen Weingütern verkosten können, die richtig gut waren. Es war beides Mal – welch Wunder – Riesling aus dem Rheingau.

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Ein wirklicher Höhepunkt war zum Abschluss des VinoCamp eine Pinot-Blind-Verkostung mit Caro Maurer. Neben dem Aspekt, dass ich ihren freundlichen und kenntnisreichen Stil sehr schätze, war diese Veranstaltung extrem spannend. Nach einer Einleitung von Caro, in der es um die Geschichte, Verbreitung und geschmacklichen Ausprägung dieser weltweit in 12 Ländern angebauten Rebsorte ging, waren die Teilnehmer gefragt. Bei 11 Pinots sollten per Blindverkostung die Herkunftsländer herausgefunden werden.

Ich hatte drei von 11 richtig erkannt. Da bin ich durchaus stolz drauf, da diese Aufgabe nicht wirklich einfach zu lösen ist. Es ist heutzutage nicht mehr so, dass vielschichtige Pinots mit schwungvollerer Säure aus der Alten Welt kommen und Übersee plump und fruchtig ist. Generalisieren sollte man ohnehin nicht so schnell. Zudem machte das hohe Qualitätsniveau dieser Rotweine die Verkostung durchaus schwierig. Da kann man nicht die Mitte des Geschmackskorridors dieser Rebsorte in einem Land oder einer Region erwarten. Ich glaube, dass viele Teilnehmer den Pinot aus Moldawien (immerhin eines der Länder mit dem ältesten Weinbau auf dieser Erde) richtig erkannt hatten. Dieser war aber tatsächlich geschmacklich sehr auffällig.

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Es wurde bei dieser Verkostung noch gefragt, welche Weine man selbst am besten empfindet. Dabei hatte ich drei Mal blind auf Europa getippt. Das muss aber gar nichts grundsätzlich bedeuten. Es gibt aus meiner Sicht kein Qualitätsgefälle bei Neuer und Alter Welt. Es deutet evtl. auf eine persönliche Geschmackpräferenz hin, wobei ich mir dieser gar nicht bewusst bin. Der deutsche Pinot aus der Pfalz war mein Platz 2. Ich dachte in meiner Top 3 noch einen aus dem Burgund dabei gehabt zu haben. Aber nein. Platz 1 und 3 waren bei mir Österreich und Südtirol. Man könnte fast sagen: „Pinot spricht deutsch“.

Quo Vadis VinoCamp

Eine schon seit Jahren gestellte Frage ist, wie sich das VinoCamp weiter entwickelt. Man konnte aufgrund der recht geringen Anmeldezahlen bei diesem Un-Kongress in diesem Jahr meinen, dass es zu Ende geht. Woran dies liegt? Die Antworten sind bestimmt vielfältig und auch sehr unterschiedlich. Einige Sessions zeigten jedoch, dass Quantität und Qualität ganz unterschiedliche Themen sind. Ich diskutiere auch lieber spannend mit 12 Leuten, als einer misslungenen Veranstaltung mit 200 Menschen beizuwohnen.

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Einige Ergebnisse der Diskussionen sehen wie folgt aus: Es wird das nächste VinoCamp Deutschland erst wieder 2017 geben. Zwischendurch können regionale VinoCamps stattfinden. Das erste gab es schon im Winter an der Mosel. Die Regionen Pfalz, Rheinhessen und Baden könnten im kommenden Jahr folgen. Aber dies hängt damit zusammen, ob diejenigen, die dies jetzt andenken tatsächlich ein Konzept entwickeln und evtl. noch Mitstreiter für diese Projekte finden. Über eine Sache ärgere ich mich noch beim Schreiben dieser Zeilen: Ich habe es verpasst den Kaffee von Michael Gliss zu probieren.

VinoCamp Querbach Philippsmühle TalTotal
Meine Übernachtung zum VinoCamp hätte in diesem Jahr nicht besser sein können. Das VDP-Weingut Querbach hat direkt in der Ersten Lage „Oestricher Lenchen“ seit 2001 bis 2003 seinen Keller und zudem einige Hotelzimmer. Zum Frühstück gibt es hier die wahrscheinlich besten Brötchen des Rheingaus. Die Zimmer sind schön ruhig und modern ausgestattet. Zudem ist die Familie Querbach sehr freundlich und der Haushund zeigt sich Gästen gegenüber von seiner braven Seite.

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Neben schon an vielen Stellen gewürdigten Rieslingen gibt es beim Weingut Querbach auch Spätburgunder. Von diesen sind auch noch viele ältere Jahrgänge erhältlich. Ich habe mir eine in Ruhe gereifte Flasche vom Pinot Noir mitgenommen, den ich bald auch einmal verkosten werde. Das ist jetzt der Jahrgang 2007 und ich bin da sehr gespannt drauf. Spätburgunder ist immerhin die zweite noble Rebsorte in Deutschland. Im Rheingau hat sie eine Jahrhunderte währende Tradition. Der Spätburgunder zog sich also thematisch durch das Wochenende.

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Auch dies ist neu: Erstmals bin ich auch mit dem eigenen Fahrrad zum VinoCamp gefahren. Um nicht ganz so abgehetzt dort zu erscheinen, habe ich hinzu den Zug bemüht. Das hat ausgezeichnet geklappt. Ich kann das Geschimpfe über die Bahn auch nicht mehr hören. Das ist eins der besten Verkehrsmittel. Neben dem Fahrrad natürlich. Zurück ging es mit selbigem von Oestrich-Winkel bis nach Koblenz. Das ist immerhin eine Strecke von ca. 75 Kilometern, für die ich knapp 4 Stunden und 2,5 Liter Wasser benötigt habe.

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Das Thema der Rückreise war TalTotal. Dies ist ein autofreier Sonntag, bei dem das Mittelrheintal auf beiden Seiten für Autos gesperrt ist. Stattdessen fahren hier auf der B9 viele Anwohner und Touristen mit dem Fahrrad, Inliner oder auf dem Skatebord. Es ist ein schönes Event, bei dem ich auch mal die Vinothek der Philippsemühle bei St. Goar auf Rheinkilometer 555 besucht habe. Hier gab es Riesling. Meine Tischnachbarn fragten nach Pils. Gab’s natürlich nicht. Das Lachen musste ich mir verkneifen. Die kamen wahrscheinlich aus Koblenz. Wein habe ich dort natürlich nicht getrunken, sondern Wasser. Don’t drink and drive! So bin ich auch wieder heile nach Münster zurück gekommen. Wahnsinns Wochenende! Mit viel Spaß.