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Aufruf zur Weinrallye 110: #Chardonnay

weinrallye international chardonnay dayBei der Weinrallye mit der Nummer 110 hätte man sicherlich auch etwas Gutes mit dem Notruf machen können. Irgendwie so nach dem Motto „Wein trinken bis der Arzt kommt“. Oder eben „mörderisch gute Weine“. Die Palette an Ideen ist hier riesig. Aber es soll anders sein. Es geht um Chardonnay. Keine ABC-Waffe in Anspielung an „Anything But Chardonnay“. Der Hintergrund ist einfach: Am 26. Mai ist der International Chardonnay Day. Diese Weinrally soll diesmal etwas Doppeltes sein: Sie soll die Grenzen des deutschen Sprachraums durchbrechen.

Nun erwarte ich nicht wirklich englisch-, französisch oder gar spanischsprachige Beiträge bei dieser Runde der Rallye. Fänd ich zwar außerordentlich schön, aber unwahrscheinlich. Vielmehr finde ich es spannend mit dem #Chardonnay auf allen Kanälen mit voller Kraft, also bei facebook, twitter, instaram and so on an diesem Tag die internationale Weinszene aufzumischen. Denn der deutsche Sprachraum ist der einzige, in dem eine Weinrallye funktioniert. Und das schon über 100 Runden sehr erfolgreich. Bald werden es 10 Jahre sein.

Doch was ist eigentlich Chardonnay? Es ist die zweitmeist angebaute Weißweinrebsorte weltweit (Platz 1 in dieser Statistik ist jedoch nicht der Rede wert). Die eingangs erwähnten ABC-Trinker mögen sie nicht. Chardonnay ist biegbar. Die Rebsorte wächst fast überall auf der Welt und passt sich leicht unterschiedlichen Gegebenheiten an. Und – das will ich hier keineswegs unterschlagen – es gibt sehr viele belanglose Weine aus Chardonnay. Aber auch das Gegenteil ist der Fall: Chardonnay ist vielfältig. Und einige der größten Weißweine dieser Weinwelt bestehen aus dieser Rebsorte. Fangen wir im alten Europa an.

Chardonnay aus Frankreich

Ich bin mir gar nicht sicher mit welcher großartigen Region ich in Frankreich beginnen soll. Wahrscheinlich ist es aufgrund der Geschichte eher angebracht mit dem Burgund zu starten. Hier ist die historische Wurzel dieser Rebsorte. Schon allein die Geschichte der Entstehung des Namens ist interessant, weil sie in gewissem Wiederspruch zu dem heutigen Image für das diese Rebsorte steht. Eine Diestel, ein kleines Dorf und ein paar Mönche später spielen darin eine wichtige Rolle. Fast alle Weißweine aus dem Burgund bestehen aus Chardonnay. So gut wie nirgendwo steht es auf dem Etikett. Egal ob Meursault, Pouilly-Fuisse, Vire-Clesse, der erdige Saint-Veran oder Chablis: Immer Chardonnay! Und das ist ganz unterschiedlich. Selbst bei nur einer Rebsorte im Mikrokosmos des Burgunds.

Ein guter Meursault ist lange in Holz gereift und passt gut zum Hummer. Pouilly-Fuisse hat häufig auch viel Holz gesehen. Örtlich ganz nahe und trotz aller Traditionen im Burgund als Appellation recht jung erstrahlt der Vire-Clesse recht frisch und beschwingt fruchtig. Ganz anders der Saint-Veran. Auch der hat seine Fans in der Weinwelt. Und dann ist erst noch der Chablis. Hier prägen die Muschelkalkböden den Wein. Bei einem guten Chablis muss ich immer an eine sonnengegerbte trockene weiße Muschel mit rauer Oberfläche denken die ich als Kind am Mittelmehr gefunden habe. Nehmt so etwas mal in den Mund. Aber auch vor allem im Bereich Petit Chablis gibt es Winzer die etwas viel Holz einsetzen. Beim Grand Cru und Premier Cru ist das fast ausschließlich sehr zurückhaltend und gekonnt.

Frankreich mit dem Burgund, der Champagne und noch mehr

Bevor ich mich verrenne. Weiter mit (naja eigentlich nicht) der zweiten wichtigen Region für Chardonnay in Frankreich. Rebsorten werden auch in der Champagne in der Regel nicht auf die Flaschen geschrieben. Drei Rebsorten gibt es hier. Zwei sind zweifelsfrei nobel. Die kennen wir auch schon aus dem Burgund: Pinot Noir und Chardonnay. Dann gibt es noch den Pinot Meunier. Das ist wörtlich die Müllertraube. Klingt erst mal nicht gut. In Deutschland nennt man das Schwarzriesling. Diese Rebsorte hat aber mit Riesling so viel gemein wie der Goldriesling aus Sachsen oder der Rote Riesling den man ab und zu im Rheingau sieht. Pinot Meunier ist im klassischen Champagner-Cuvee der Gegenspieler des Chardonnays. Der Chardonnay ist das Gerüst. Frisch und strahlend beschwingt leicht fruchtig. Die Müllerrebe hingegen schmückt eher breit aus.

Doch der historisch eher abwertende Ruf den Pinot Meunier schwindet in den letzten Jahren. Und ich habe auch schon ein paar sehr schöne Champagner nur aus dieser Rebsorte verkostet. Doch eigentlich soll es hier ja um den Chardonnay gehen. Immer wenn Blanc de Blanc auf dem Etikett steht, ist dies in der Champagne ein reiner Chardonnay. Logisch, denn die anderen beiden Rebsorten sind ja rot. Und dieser kommt sehr häufig aus den besten Lagen der Champagne. Eine Kuriosität am Rande: Die Champagne ist einer der wenigen Regionen der Welt in der für den Rose weißer mit rotem Wein gemischt wird.

Oder aus Deutschland?

Doch weiter in der Welt. Ja erst mal Europa. Deutschland, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland … . Klar hier gibt es auch überall Chardonnay. Mit einigen Ausnahmen ist das häufig eher mittelmäßig. Es würde mich freuen, wenn bei dieser Rallye viele Teilnehmer die seltenen guten Weine aus Chardonnay dieser Länder finden.

In Deutschland hat das DWI seit sehr langer Zeit den Riesling und den Spätburgunder auf den Sockel der noblen Rebsorten gehoben. Richtig so! Es geht um das Profil, welches man international prägen will. Auch der VDP forciert erstmal mit den Großen Gewächsen den Riesling. Dann noch den Spätburgunder. Eher lokal ist das gefolgt von Silvaner, Weißer Burgunder und Grauer Burgunder. Dann noch Lemberger (Württemberg), Frühburgunder (Ahr), Traminer (Saale-Unstrut) und – ahaaa – Chardonnay (Baden). Bernhard Huber aus Malterdingen scheint hier die wichtigste Adresse zu sein. Ein großer Hype. Und sonst noch? Oder lasst die Leser an deiner Begeisterung für diese Weine teilhaben.

Was bleibt von der Welt des Chardonnays?

Australien und Neuseeland schienen mir ganz unterschiedlich bezüglich der Rebsorte Chardonnay interessant zu sein. Die besten Weißweine aus Australien bestehen aus Chardonnay. In Neuseeland wird der Rebsorte vom Sauvignon Blanc heftig Konkurrenz gemacht. Man denkt ja bei Chardonnay häufig an Übersee (eben weil die Rebsorte bei den noblen Weinen aus Frankreich nur selten auf dem Etikett steht).

Genauso spielt sie eine wichtige Rolle in Süd- und Nordamerika. Chile und Argentinien sind aus meiner Sicht – zumindest bei deutschen Import bei weißen Weinen – fast ausschließlich mit Chardonnay bestückt. Da gibt es sehr einfache Weine, ein recht interessantes Mittelfeld und eine Spitze, die ich bislang noch nicht erforscht habe. Ähnlich sieht es in der USA aus, die man auch bei diesem Thema keineswegs auf Kalifornien reduzieren darf. In Südafrika ist der Chardonnay auch sehr wichtig.

Nun, das waren einige Ideen und Anregungen worum es sich bei dieser Weinrallye drehen könnte. Hier sind sicherlich einige Lücken und meine Präferenzen sind wahrscheinlich etwas offensichtlich. Bitte seid so frei die Lücken möglichst umfangreich zu schleißen. Dies ist der Geist dieser Veranstaltung. Seid kreativ. Versucht nicht irgendjemandem zu gefallen. Sondern, macht euer Ding bei dieser Weinrally. Am 26. Mai geht es rund um die Welt. Oder eben auch um hiesigen Chardonnay.

Zum Schluss eine kleine Top 10-Liste der häufigsten Anbauländer der Rebsorte Chardonnay (Stand 2010):

1. Frankreich
2. USA
3. Australien
4. Italien
5. Chile
6. Südafrika
7. Spanien
8. Argentinien
9. Moldawien
10. Neuseeland

Neuseeland hat da in den vergangenen Jahren bestimmt aufgeholt. Und aus Frankreich kommt mehr als 20 mal so viel Chardonnay wie aus Deutschland. Unser Land liegt recht abgeschlagen hinter der Ukraine, Ungarn, Russland und Bulgarien. Aber noch vor Österreich. Das sind jedoch nur Mengenangaben. Mit Qualität hat das recht wenig zu tun.

Also überrascht die Weinwelt am 26. Mai. Nehmt einen Chardonnay-Klassiker oder etwas absolut Unbekanntes. Prahlt nicht nur mit teuren Weinen herum, sondern erzählt eure Geschichte mit einem Chardonnay. Wie wäre es mit einem Gaumenschmeichler aus Moldawien? Wenn ihr den denn findet. Oder eine kleine Granate aus den USA? Auch interessante Chardonnays aus unserem Land fände ich doch sehr spannend. Und wie bei jeder Runde der Weinrallye: Durchbrecht Vorurteile. Es gibt so viel in dieser Weinwelt mit dem man überraschen kann.