Vom 7. bis 17. September geht in Bad Dürkheim in der Pfalz alles oder auch nichts mehr. Es gibt kein Schieben und kein Halten mehr. Denn hier wird der 596ste Dürkheimer Wurstmarkt gefeiert. Mit über 600.000 Besuchern gilt es als das größte Weinfest auf dieser Welt. Dabei hat Bad Dürkheim an der Deutschen Weinstraße gerade einmal 20.000 Einwohner. Schon am ersten Wochenende zeigen sich in diesem Jahr viele Standbetreiber sehr zufrieden und sprechen von einem Andrang auf den Dürkheimer Wurstmarkt wie lange nicht mehr.
Auf die Einladung der in Bad Dürkheim ansässigen Agentur Medienagenten fahren wir – wie einige andere Weinblogger – in die Pfalz. Für uns gibt es hier neben dem Erlebnis des Wurstmarkts auch noch köstliche Weine zu probieren. Bei einer sehr noblen Art des Vorglühens vor dem Weinfest fällt uns besonders positiv das Große Gewächs Ungsteiner Weilberg aus dem Jahr 2008 vom Weingut Pfeffingen auf. Trotzdem erste Firne bemerkbar sind, erscheint es noch recht jung. Dieses Große Gewächs von Pfeffingen steht kompakt da, präsentiert sich sehr ausgewogen mit schönem Nachhall.
Vorher noch wird der bemerkenswerte Dürkheimer Riesling trocken 2011 vom Weingut Pflüger genossen. Dieser (sicherlich gegenüber dem Großen Gewächs von Pfeffingen einfachere Wein) besteht aus vier Lagen um Dürkheim. Mit ihm soll für den Riesling ein Profil für die Ortsweine geschaffen werden. Das gelingt hier sehr schmackhaft. Offensichtlich sind andere Orte in der Pfalz derzeit in der Weinszene angesagter als Bad Dürkheim. Das Niveau liegt hier jedoch deutlich über dem, was man in der Kategorie Saufweine auf Weinfesten beschreiben kann. Vielmehr hat dieser Ortsriesling mit einem Saufwein nur so viel zu tun, dass er schmeckt. In kleinen sowie in größeren Quantitäten. Nur eben in gut.
Blick auf den Wurstmarkt in Dürkheim
Die Gruppe Weinblogger stürzt sich dann ins Nachtleben des Dürkheimer Wurstmarkt. Einen der besten Rieslingschoppen des ganzen Weinfestes gibt es beim Weingut Hanewald-Schwerdt. Ihr Stand auf dem Weinfest ist im etwas ruhigerem Teil mit dem Namen Weindorf beheimatet. Hier kann man etwas abseitig des Trubels des Weinmarkts recht gemütlich eine größere Auswahl an Weinen trinken. Und es gibt nicht selten ordentliche Gläser.
Doch auch hier bekommen wir einen Schoppen. Viele sagen ein Rieslingschoppen in der Pfalz besteht aus 50% Riesling und 50% Wein. Stephan Schwerdt zeigt uns wie man den Schoppen auf dem Wurstmarkt richtig macht: Eine Hand hoch Riesling und dann Sprudelwasser. Der sympathische Schwerdt hat große Hände. Aber auch viele andere und hochwertigere Weine werden hier ausgeschenkt. Der Reiz des Weindorfs ist ein Stück pfälzische Gemütlichkeit verbunden mit schmackhaften Weinen.
Etwas robuster bis deftig geht es bei den Schubkärchlern zu. Dies sind 36 überdachte Weinstände mit jeweils kuschelig besetzten 120 Sitzplätzen. Die Rückenlehne auf der Bank erzeugt die nächste Sitzreihe. Auch das VDP-Weingut Pfeffingen ist hier bei der Nummer 15 vertreten. Doch hochwertige Markengläser will hier eigentlich niemand benutzen. Bei den traditionellen Schubkärchlern wird im Dubbeglas ausgeschenkt. Bei diesem in der Pfalz sehr typischen Trinkglas für Schoppen sorgen die runden Vertiefungen für einen guten Griff. Denn nach einer fettigen Wurst kann einem ein halber Liter Schorle sonnst leicht entgleiten.
Beim traditionellen Stand 30 vom Weingut Karl Schaefer sorgt der Betriebsleiter Jan Groß für Stimmung. Das Weingut erzeugt nicht nur hervorragende Weine in guten Lagen rund um Dürkheim, sondern ist seit mehreren hundert Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil des Dürkheimer Wurstmarktes. Man kann sich fragen welcher erstaunliche Spagat größer ist: Der zwischen Tradition und Innovation oder zwischen expansionistischem Qualitätsstreben und regionaler Verhaftung mit der Bedienung weiter Bevölkerungsschichten.
In der realen Existenz und Geschichte dieser Weingüter klärt sich alles auf. Denn auch noch so große Weine kommen nicht selten aus einem kleinen Dorf. Das ist eine Erkenntnis, die der volkstümliche Dürkheimer Wurstmarkt authentisch vermittelt. Hier geht es richtig rund und nur an wenigen Stellen ist es traditionslos unterirdisch. Jeder sollte auf diesem Weinfest mal die Schöne Anna probiert haben. Die ist auch ohne aussichtslose 90 oder 100 Punkte völlig schmackhaft.
Der Dürkheimer Wurstmarkt kann mit fug und recht als einer der Höhepunkte gelebter Weinkultur gesehen werden. Erstaunlich ist das bemerkenswert gute Niveau der dort angebotenen Weine. Die Zeiten, dass Winzer bei solchen Gelegenheiten alten Ramsch verticken können, sind zumindest in der Genussregion Pfalz vorbei. Wenn man mit Einheimischen wie den Medienagenten unterwegs ist, kommt man dann auch noch zu den besten Ständen. Den diesjährigen Wurstmarkt kann man noch bis zum 17. September besuchen. Oder man markiert den Termin für nächstes Jahr schon mal mit einem roten Stift dick im Kalender. Wir kommen jedenfalls gerne wieder. Ahjooh!
Sehr treffender Bericht! Hoffe das klappt nächstes Jahr wieder! Schöne Grüße, A.
Super Bericht! Vielleicht schaffe ich es nächstes Jahr mal dorthin, dieses Jahr ist es leider nicht möglich gewesen.
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