Die deutschen Genießer mögen Weine aus guten Lagen. Diese gibt es im Elsass schon recht lange. Ihre amtliche Registrierung erfolgte jedoch erst seit 1975 mit der berühmten Modellage Schlossberg. In zwei weiteren Schritten wurden es 50 Grand Crus. Mit dem Kaefferkopf als 51stes Grand Cru seit 2007 kann man die Klassifizierung als abgeschlossen betrachten. Die südlichste und zugleich steilste dieser Lagen ist seit November 1983 Rangen bei Thann. Hier endet auch die Elsässer Weinstraße, welche bei 170 Kilometern Länge durch 67 Weinbaugemeinden führt. Die Grand Crus besitzen 14 verschiedene Bodentypen. Nicht nur wegen ihrer Steilheit ist Rangen de Thann etwas besonders.
Im Rahmen der diesjährigen Millesimes Alsace in Colmar machten wir einen kleinen Abstecher in den Süden des Anbaugebiets nach Thann. Hier zeigten uns eine Reihe von namenhaften Erzeugern des Ortes ihre berühmte Grand Cru Lage Rangen. Doch zu Beginn ging es erst mal in das örtliche Weinmuseum. Hier erfuhren wir einiges Wissenswertes über die Geschichte des Ortes. Diese spiegelt die wechselhafte Vergangenheit des Weinbaus im Elsass wieder. Eine erste immense Blüte erreichte dieser bis zum 30 Jährigen Krieg, der jedoch dann verheerende Folgen hatte.
Auch später gab es bedeutende Einschnitte. Bis vor der Reblauskrise erholte sich der Weinbau und hatte mit 30.000 ha ungefähr die doppelte Fläche von heute. Auf älteren Bilder kann man sehen, dass früher um Thann wesentlich mehr Flächen als jetzt mit Reben bestockt waren. Ein Tiefpunkt war dann mit nur noch ca. 7.500 ha genutzter Rebfläche erreicht. Evtl. hatte dieser Niedergang aber auch einen positiven Effekt: Die Winzer konzentrierten sich stärker auf die besonders guten Lagen wie auf den Grand Cru Rangen. Frühere Lagen wie Enchenberg und Stauffenberg wurden in Thann aufgegeben. Deswegen hat der Ort hat nur noch die eine Grand Cru Lage. In Rangen de Thann hat das noch eine weitere Folge. Die Steilheit erfordert aufwendige Handarbeit. Hier kann man nur gute Weine machen, die der Konsument auch schätzt, sonst lohnt sich die Arbeit nicht.
Besonders beeindruckend im Weinmuseum von Thann sind 14 verschiedene Bodenproben aus dem Elsass. Diese verdeutlichen die unterschiedlichen Terroirs am Rande der Vogesen. Im Rangen besteht ein unverwechselbarer und im Elsass einzigartiger Boden, der vor 350 Millionen Jahren entstanden ist. In Folge von vulkanischer Tätigkeit bildete Grauwacke. Der Boden im Rangen hat nur einen sehr geringen Anteil an Lehm. Deswegen müssen die Wurzeln hier tief in das Gestein hinunter und finden hier viele Mineralien. Zugleich speichert der Boden die Wärme gut für die Nacht.
Wanderung durch die Lage Rangen de Thann
Ab in die Lage selbst: Mit bis zu 68 Grad Steigung führt der Rangen de Thann bis auf eine Höhe von 470 Meter über Null. Der Ort Thann selbst liegt ca. 100 Meter tiefer auf 350 über dem Meeresspiegel. Der Rangen ist damit der steilste Weinberg im Elsass und damit sehr wahrscheinlich auch in ganz Frankreich. Auf knapp 19 Hektar entstehen Weine die inzwischen sehr gesucht und nicht mehr wirklich erschwinglich sind. In den steilen Parzellen im Zentrum der Lage überwiegen Pinot Gris und Riesling. Der Gewürztraminer wird häufig in etwas kühleren und weiniger steilen Bereichen angebaut.
In der Lage gibt es zwei besondere Clos, die dann auch so als Zusatzbezeichnung auf dem Etikett stehen. Zum einen bewirtschaftet die Domaine Schoffit seit 1986 das Clos Saint Theobald im Herzen des Grand Cru Rangen alleinig. Benannt ist es – genauso wie die gotische Pilgerkirche von Thann – nach dem heiligen Bischof Theobaldus. Besonders bei den Pilgern im Mittelalter soll der Wein aus Rangen sehr beliebt gewesen sein, was den Oberen in der Kirche damals nicht so sehr geschmeckt hat. Die Domaine Schoffit bewirtschaftet insgesamt 16,5 ha, von denen 5,5 ha als Grand Cru klassifiziert sind. Man hat sich also auf Spitzenweine vor allem zu ähnlichen Anteilen aus Pinot Gris, Riesling und Gewürztraminer ausgerichtet.
Das zweite Clos im Rangen gehört alleinig Zind Humbrecht. Ebenfalls wie die Domaine Schoffit kann man auf eine lange Geschichte zurück blicken. Der Weinbau geht ohne Unterbrechung bis auf das Jahr 1620 zurück. Besonders der Vater des jetzigen Inhabers Leonard Humbrecht machte sich um den Weinbau im Rangen verdient. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte er ca. 3 ha in der Lage übernommen. Schon damals lag der Schwerpunkt von Zind Humbrecht nicht auf Masse, sondern auf hoher Qualität. Ähnlich wie die Domaine Schoffit erkannte man das Potenzial in Thann sehr früh, obwohl es damals dort für den Weinbau nicht gerade zum Besten stand.
Oliver Humbrecht in der Lage Rangen de Thann
Heute werden von Zind Humbrecht 5,5 ha hier im Clos Saint Urbain bewirtschaftet. Jetziger Inhaber Olivier Humbrecht – einer der wenigen Winzer, die auch zugleich den begehrten Titel Master of Wine tragen dürfen – führte uns durch die Lage. Unter einem Clos ist hier im Elsass aber etwas anders zu verstehen als im Burgund. Lediglich einige vertikale Mauern sind zur Befestigung des Hangs zu sehen. Bei der Steilheit der Lage braucht man auch nicht mehr. Bei der Wanderung durch den Weinberg an einem windigen Tag ist auffällig, um wieviel wärmer die Luft zwischen den Reben gegenüber der auf den Wegen ist. Und noch bei einer anderen Thematik war Zind Humbrecht sehr früh dabei: Seit Ende der 1990er Jahre werden die Weine biologisch-dynamisch erzeugt.
Nun ging es zur Verkostung der Weine aus dem Rangen de Thann. Diese fand in einer Hütte von einem Schießplatz direkt am Fuße des Grand Cru statt. Und einige der Weine sind richtig scharfe Geschosse. Hier beginne ich mal mit dem abschließenden Höhepunkt. Bei der Verkostung der gereiften Weine aus dem Grand Cru Rangen offenbart sich ihre tatsächliche Qualität. Dabei gingen wir zurück bis ins Jahr 1985. Dieser wurde also knapp nach der Adelung der Lage Rangen zum Grand Cru erzeugt. Der Riesling von Zind Humbrecht „Clos St Urbain“ wurde aus der Magnumflasche verkostet und ist noch dermaßen frisch und stimmig beieinander, dass es beeindruckt. Man wünschte sich diese Langlebigkeit auch in einer ähnlichen Kategorie in Deutschland.
Verkostung von Weinen aus der Lage Rangen de Thann
Natürlich geht es bei der Verkostung nicht nur um Geschichte und Weine die kaum noch käuflich zu erwerben sind. Vielmehr präsentieren die fünf Erzeuger aus Rangen (Bruno Hertz, Schoech, Schoffit, Wolfberger und Zind Humbrecht) ihre aktuellen Weine aus den Rebsorten Riesling, Pinot Gris und Gewürztraminer. Wobei aktuell hier – wie auch in vielen anderen Orten des Elsass – bedeutet, dass der jüngste Wein jetzt aus dem Jahr 2012 stammt. Man nimmt sich also nicht nur Zeit um uns die Lage zu erklären, sondern man hat diese Zeit auch im Keller um so lange zu warten bis der Wein reif ist.
Mir gefallen vor allem die Rieslinge. Zind Humbrecht ist in 2012 hervorragend. In der Nase ist der Rangen de Thann Grand Cru Clos St Urbain sehr schön duftig mit Grapefruit. Er zeigt sich leicht rauchig, was für die Lage nicht untypisch ist. Am Gaumen entfaltet sich bei diesem Riesling ein schöner Schmelz. In der Länge kommt eine tiefe feine Frucht mit etwas Süße zum Tragen. Seine 14% Alkohol steckt dieser Wein bei 5,8 Gramm Restzucker locker weg. Den 2011er Riesling gibt es mit ähnlichen Werten daneben. Er wirkt etwas balancierter.
Riesling Rangen de Thann von der Domaine Schoffit
Auch der Riesling der Domaine Schoffit aus dem Jahr 2012 begeistert mich. In der Nase bemerke ich bei dem Clos Saint Theobald eine angenehme Aprikose. Die zweite Nase ist hellfruchtig duftig und leicht vegetabil. Der Mund ist bei diesem Wein ausgefüllt von Frucht. Die Säure macht schön Druck. Sehr gute Länge. Generell fällt auf, dass viele dieser Weine aus den Grand Cru Rangen einen ganz eigenen Charakter haben, den man so erst einmal verstehen muss.
Wolfberger muss auch noch erwähnt werden. Die Rieslinge sind wesentlich schlanker als von den anderen Erzeugern. Dies ist sicherlich moderner und trägt auch einer Kritik am Elsass Rechnung. Auch wenn dies wahrscheinlich bei Wolfberger eher darauf zurückzuführen ist, dass ihre Parzellen im Rangen etwas kühler sind (geringerer Restzucker und Alkohol deuten darauf hin), finde ich die Ansicht, dass die Weine aus dem Elsass zu dick seien, nicht gerecht fertigt. Sicherlich sind sie alles andere als modisch und schlank. Sie haben jedoch ein Profil und in den guten Qualitäten findet man eben nicht nur diese Unverwechselbarkeit, sondern auch noch dazu ein unglaubliches Finessenreichtum.
Neben den Rieslingen gab es noch zwei andere noble Rebsorten aus dem Grand Cru Rangen zu verkosten. Die Pinot Gris sind mit Restzuckerwerten zwischen 35 und 52 Gramm pro Liter sicherlich eher etwas für die Gastronomie. Die Gewürztraminer stehen in dem Bereich kaum etwas nach. Dieser Rebsorte steht dies aber sehr gut zu Gesicht, auch wenn ich immer etwas Problem dabei habe, diese Weine in ihrer Jugend zu bewerten. Restzucker ist nun mal ein Geschmacksverstärker, der die feinen Nuancen eines solchen Weins etwas stark überdecken kann.
Abschließend zu diesem doppelten Lagenbericht möchte ich dem Elsässer Weinbauverband und vor allem den fünf beteiligten Weingütern für die Möglichkeit danken die Lage Rangen de Thann mit dermaßen kenntnisreicher Begleitung besuchen zu können und einen so detaillierten Einblick in die Weinerzeugung vor Ort und die aktuellen und gereiften Weine dieses Grand Cru erhalten zu können.
Die Bilder des Artikels und viele andere aus dem Elsass gibt es in höherer Auflösung in unserem Bilderbuch bei Facebook. Ein weiterer Bericht aus dem Elsass wird noch folgen.