Schon früher hatte ich einige Male den Chateau Latour Camblanes im Glas. Zuletzt wurde vor drei Jahren hier der Bordeaux aus 2009 verkostet, von dem ich durchaus angetan war. Seit dem Jahrgang 2010 ist hier Alain Raynaud als Önologe verantwortlich. Das Chateau Latour Camblanes bewirtschaftet 30 Hektar in dem Gebiet Cadillac Cotes de Bordeaux, wo es zu den besten Weingütern gehört. Dort werden die Rebsorten Merlot, Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Malbec angebaut. Das ist in dem Gebiet der typische Sortenspiegel. In Cadillac Cotes de Bordeaux gibt es ca. 80 Erzeuger, die insgesamt 1100 Hektar mit Böden bewirtschaften, die zumeist aus Schotter bis hin zu Ton, Kalkstein und Lehm bestehen.
Jetzt sind hier alle drei derzeit auf dem Primärmarkt befindlichen Jahrgänge des Chateau Latour Camblanes zu Verkostung versammelt. Immerhin sind das mit 2010, 2011 und 2012 drei Flaschen. Die Jahrgänge könnten kaum unterschiedlicher sein, obwohl der warme 2009 noch einen interessanten Kontrast bilden könnte. Aber stimmig ist diese Minivertikale insofern, da ab 2010 der fast schon legendäre Alain Raynaud (Foto) die Geschicke dieses Weines in die Hand genommen hat und seitdem für die Erzeugung in diesem Chateau verantwortlich zeichnet. Dieses Weingut bezeichnet die Lagerfähigkeit seiner Rotweine auch als verhältnismäßig kurz mit 4 bis 7 Jahren. Das untermauert gar nicht so weit mehr in die Vergangenheit zurück zu gehen.
Eine Frage bei so einer Verkostung ist häufig: Mit welchem Wein beginnt man? Viele fangen mit den älteren Weinen an. Manche bei den jüngeren. Wieder andere ziehen technische Daten zu Rate. Meine Vorüberlegung war mit 2011 loszulegen, da dies eigentlich als der schwächere und kühlere Jahrgang ist, in dem – soweit man so etwas generalisieren kann – die eher leichten Rotweine in Bordeaux entstanden sind. Als zweiten werde ich den 2012er verkosten um dann den 2010er zu probieren. Das hängt damit zusammen, dass letzterer einen ganzen Prozent mehr Alkohol auf dem Etikett zu stehen hat.
Chateau Latour Camblanes Jahrgang 2011
Von der Farbe her sind alle drei Weine dieser Minivertikalen sehr dicht und dunkel im Glas. Eigentlich sehen sie nahezu identisch aus. Daher wird in der folgenden darauf nicht eingegangen. Die Farbe ist jedenfalls so wie man es sich nur wünschen kann.
Chateau Latour Camblanes 2011
In der Nase ist dieser Bordeaux gar nicht so duftig, sondern eher verhalten. Jedenfalls springt er einen nicht gerade an, was durchaus positiv ist. Da sind Weichselkirschen und Zedernholz. Lässt man dem Wein etwas Luft zeigen sich sehr ausgewogen Aromen von Schwarzer Johannisbeere und reiften Pflaumen. Der Gaumen ist sehr ausgewogen mit angenehmer balancierter Fruchtigkeit. Er ist auch dicht und stoffig. Mit seiner eleganten Dichte hebt sich dieser Wein sehr positiv von vielen anderen des Jahrgangs 2011 ab. Vom Empfingen her ist die Säure sehr gut eingebunden. Im Nachhall präsentiert sich dieser Bordeaux angenehm und rund. Auch nach einer Woche nach Flaschenöffnung präsentiert er sich sehr erfreulich. Aber vor allem die Nase entspricht anfangs einem 2011. In allem anderen hebt er sich von dem Jahrgang nach oben hin ab. Wobei aus meiner Sicht Alain Raynaud hier einiges für die Qualität geleistet hat. Ein wirklich gelungener Bordeaux aus dem häufig nicht ganz so positiven Jahr, sondern qualitativ deutlich im Kontrast zum Jahrgang 2011.
Chateau Latour Camblanes Jahrgang 2012
Chateau Latour Camblanes 2012
In der Nase ist die Aromatik nach dunkler Schokolade mit Brombeeren im Hintergrund. In der zweiten Nase ist eine Ansammlung von Pinien mit etwas Kirsche. Am Gaumen hätte man zunächst etwas mehr Intensität erwartet. Jedoch sollte man diesem Bordeaux reichlich Luft geben. Dann entwickelt sich eine harmonische und stellenweise etwas packende Frucht. Jedoch belohnt einen die reiche Länge dieses Bordeaux. Das macht wirklich Spaß. Ähnlich wie beim 2011 ist die Säure hier gut integriert, was bei dem Jahrgang auch häufiger so ist. Schöner Bordeaux!
Chateau Latour Camblanes 2010
Die 14% sind in der Nase durchaus wahrzunehmen. Das unterstützt einen etwas streng wirkenden Teerton, der jedoch fruchtig und mit etwas Nadelwald eingebunden ist. In der zweiten Nase ist einer reife Pflaume wahrzunehmen. Später taucht auch etwas Himbeere auf. Mit Luftzufuhr verbessert sich die Nase enorm. Am Gaumen wirkt die Säure kräftiger. Dieser Bordeaux hat durchaus Gripp. Das kommen feuchter Tabak und auch eine spannende Frische zusammen. Ich denke, dass 2010 hier an ehesten polarisiert. Es gibt wirkliche Fans dieser Stilistik. Leider bleibt dieser Bordeaux etwas hinter meinen Erwartungen an den grundsätzlich in dem Gebiet sehr schönen Jahrgang 2010 zurück.
Chateau Latour Camblanes Jahrgang 2010
Zusammenfassung
Zu meiner Wertung: Eigentlich bin ich ein ausgewiesener Fan von Bordeaux aus 2010. Der Chateau Latour Camblanes mit diesem Jahrgang kommt bei mir auf den dritten Platz. Die 14% Alkohol sind riechbar. Gleichzeitig ist es – in besten Sinne des Wortes – ein interessanter, weil spannungsreicher Wein.
Platz 2 geht aus meiner Sicht an 2012. Jedoch ist er mir etwas üppig. Er wirkt dafür, dass ich den Jahrgang doch sehr schätze (noch) etwas unruhig. Ansonsten ist der qualitative Abstand zum ersten Platz gar nicht so groß.
Und wirklich erstaunlich ist, dass 2011 richtig punktet. In diesem eher schwächeren und von mir ansonsten gar nicht so geliebten Jahrgang, ist ein wirklich eleganter und hervorragender Bordeaux entstanden. In sich ist dieser Wein stimmig und derzeit ein wirklicher Hochgenuss.
Mit dem Jahrgang 2011 hat der Chateau Latour Camblanes auch ein neues Etikett. Das ist schöner und moderner, verbirgt aber keineswegs den Charme der Tradition die sich in Bordeaux-Etiketten häufig ausdrückt. Offensichtlich hat man jedoch etwas an dem Anwesen umgebaut. Es gibt plötzlich zwei Schornsteine mehr. Ein Brunnen ist neu. Und auch die Treppe ist umgebaut worden. Ich werde darüber nicht weiter nachdenken, sondern freue mich über die neueren Weine und die schöneren Etiketten.
Nicht nur die Etiketten zeigen eine gewisse Ähnlichkeit von 2011 und 2012. Auch in der Flasche sind die beiden Weine recht ähnlich. Und 2010 hat eine recht große Differenz zu beiden anderen vom Chateau Latour Camblanes. Eine Minivertikale kann man auch mit drei hervorragenden Weinen machen. Zugleich sind diese vom Chateau Latour Camblanes durchaus erschwinglich. Bei so ca. 10 bis 13 Euro wird man diese Weine im Handel finden. Der 2012er und vor allem der 2011er sind für diesen Preis ein wirkliches Schnäppchen.
Ganz interessant ist, dass das Chateau Camblanes ein Datum und noch ein paar andere Daten in den Flaschenhals einlasert. So kann man auch Chargen zurückverfolgen. Und dass eben nicht nur auf der Kiste. Ganz spannend ist eine Geschichte aus meinem Bekanntenkreis. Da ist einmal ein Weinkeller vollkommen überflutet gewesen. Man konnte die Weine nichts mehr wirklich zuordnen. Manchmal half die Kapsel. Dann häufig noch der Korkbrand. Aber den hat man erst beim Öffnen der Flasche vollständig gesehen. So eine Laserung ab Weingut würde doch flächendeckend einige Vorteile bringen. Und mit Codenummern kann man auch Fälschungen schwerer machen, bzw. eine Rückverfolgbarkeit erleichtern. Und so teuer ist das bestimmt nicht.
Das Chateau Latour Camblanes ist auch auf der internationalen Weinfachmesse Vinexpo vom 14. bis 18. Juni in Bordeaux zu finden. Die Weine werden am Stand der Castel-Familie präsentiert: Halle 1 Stand BD-270