In den vergangenen Tagen wanderte eine recht ungenau recherchierte Pressemeldung über einen vermeintlichen Chianti-Weinskandal über die Nachrichtenticker. Schnell wurde – wie bei n-tv – der Skandal mit Chianti COCG mit einer Flasche Chianti Classico DOCG bebildert. Es handelt sich jedoch dabei um inzwischen unterschiedliche Anbaugebiete mit verschiedenen Regularien. Aber so genau soll es dort nicht genommen werden. Vielmehr entsteht schnell der Eindruck im Chianti-Weinskandal, dass jeglicher Wein aus der Toskana gepanscht oder verdorben sein könnte. Dabei sind sich dort einige Gebiete ihrer Möglichkeiten zur Qualitätssicherung bewusst.
Einige Aspekte an der ungenauen Berichterstattung stechen ins Auge: 1. Nicht jedes Gebiet der Toskana ist betroffen. 2. Einige DOCGs in der Toskana organisieren sich selbst um Fälschungen und irreguläre Weine zu verhindern. 3. DOCGs – wie Chianti Classico – haben der Fälschung sowie dem Panschen schon vor diesem vermeintlichen Chianti-Weinskandal den Kampf angesagt. Die Nachrichtenticker deutscher Presseagenturen scheint dies nicht viel zu interessieren. 4. Wird im aktuellen Weinskandal nicht deutlich, ob Weinerzeuger aus der Toskana überhaupt darin verstrickt sind oder ob Kriminelle einfach nur eine Lieferung umetikettiert haben.
Bezüglich eigener Anstrengungen solche Dinge zu verhindern, teilte beispielsweise die DOCG Chianti Classico im Februar dieses Jahres mit, eigene “Prüfagenten” in den Handel zu schicken. “Es handelt sich hier um einen wichtigen Schritt für die neuen Schutz- und Überwachungsfunktionen der italienischen Weinkonsortien, der es ermöglicht, die Produkte auf dem Markt zu prüfen und festzustellen, ob sie mit den zertifizierten Weinen, welche die Appellation auf dem Etikett offiziell tragen dürfen, übereinstimmen. Die Prüfagenten sind gesetzlich anerkannt und ihre Tätigkeit ist eine zusätzliche Sicherheit für den Endverbraucher,” so Giuseppe Liberatore, Direktor des Consorzio del Chianti Classico.
Die Verunsicherung durch Weinskandale in der Toskana beim Verbraucher wächst hingegen. So gab es im April 2008 Berichte über die Verwendung anderer Rebsorten im Brunello. Nun wurden vor zwei Wochen 10 Millionen Liter als Chianti DOCG gekennzeichneter Wein beschlagnahmt. Dieser für den Export in die USA vorgesehene Wein sei nach Angebe des italienischen Landwirtschaftsministerium minderwertig gewesen. Mit der Tragweite der Weinskandale in Italien aus den Jahren 1986 und 1992 hat dies aber nicht viel zu tun.
Recherchen? Sind die out? Gut, dass du das hier klarstellst.
Die Medienlandschaft ist doch nur darauf aus Aufmerksamkeit zu erreichen, was das Beispiel deutlich macht
ein fast gelungener promotion gag!! oder doch wahr?? und wie krieg ich es raus
Hi Heike, hallo Sepp,
was dieses Beispiel zeigt, so ist Recherche sicherlich ein kostbares, weil seltenes Gut. Ich bin mir nicht sicher, ob es damit mal besser bestellt war. Es scheint mir nur so zu sein, dass niemals die Möglichkeiten zur Recherche besser waren als heute. Und das ist aus meiner Sicht auch ein Grund, wieso es bei dieser Agenturmeldung auffällt, dass hier Defizite bestehen.
Zum zweiten gibt es das Problem, dass kaum Journalisten noch Problemfelder (besonderes wenn es so ein Special-interest-Thema wie Wein ist) länger beobachten und somit eine Einordnung/Gewichtung von Ereignissen nur schwer möglich ist.
Zum dritten ist die zugenommene Konkurrenzsituation von freien Journalisten durchaus aus dafür verantwortlich, dass beim Verkauf einer Geschichte schnell mal übertrieben wird. Aber so etwas kennen wir ja auch aus dem Internet, wenn wieder einmal eine Blogsau durchs Dorf getrieben wird.
Viele Grüße
Thomas
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