In den vergangenen Tagen machten wir eine Champagnerreise. Wenn man dieses Anbaugebiet von nahem betrachtet, merkt man erst, wie vielfältig dieses Thema ist. Das betrifft nicht nur den Anbau, die Erzeugung und die Stilistiken. In Deutschland wird das prickelnde Blubbergetränk viel zu häufig in nur einer Verwendung abgetan. Mit Champagner wird gefeiert oder er wird als Aperitif gereicht. Der Standard-Brut der großen und bekannten Häuser dient hier als Referenz.
Champagnerreise quer durch das Anbaugebiet
Bei Besichtigungen sieht man viele große Champagnerhäuser mit riesigen Edelstahltanks. Technik wohin man blickt. Hier wird zwar meist sehr sauber gearbeitet, die erzeugte Menge verhindert jedoch eine liebevolle Erzeugung des Produkts. Da es bei einer solchen Produktion über die Champagner eigentlich nicht mehr viel zu erzählen gibt (die Trauben sind von überall her zusammengekauft, die Grundweine von irgendjemandem in irgendwelchen Tanks ausgebaut usw.), muss ein Image ausgedacht und in den Show-Room übertragen werden. Egal ob es sich um Witwen, Popeditionen oder hübsche Töchter handelt: Viele große Marken funktionieren so.
Wir haben uns auf der Champagnerreise jedoch ganz gezielt ein anderes Model angeschaut. Man kann es schon fast als Gegenentwurf der industriellen Fertigung ansehen. Das Champagnerhaus Alfred Gratien in Epernay ist zwar weit entfernt von einem kleinen Winzer. Die traditionelle handwerkliche Erzeugung des Champagners wird hier jedoch sehr groß geschrieben. In der Kategorie der Champagnerhäuser dürfte diese konsequente Handarbeit einzigartig sein. In den kommenden Tagen wird ein umfassender Bericht zu Alfred Gratien erscheinen.
Der Blick in den lokalen Handel bei der Champagnerreise
Wir haben auch mal einen kleinen Blick in den Champagnerhandel geworfen. Es ist immer wieder schön zu sehen, dass selbst Supermärkte in Frankreich eine große Auswahl haben. Und gerade in dem in Deutschland nur rudimentär vertretenen Segment von 16 bis 28 Euro gibt es erstaunliche Dinge zu kaufen. Die hiesigen Supermärkte setzten nur auf den billigen Champagner (15 Euro als Eigenhandelsmarke) und die sehr bekannten Marken von Champagnerhäusern. Das ist nicht nur langweilig, sondern gerade die lohnenden Champagner mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis sind hier kaum vertreten.
Aber eigentlich sollte es bei der Champagnerreise um den besten von uns bislang besuchten Champagnerladen gehen. Dieser befindet sich direkt an der Kathedrale von Reims. Bei „Cave de sacres“ findet man ca. 400 bis 500 verschiedene Champagner. Es ist nicht leicht zu zählen, aber es dürften ungefähr so viele sein. Darunter sind die großen und bekannten Marken, aber auch viele seltene Champagner und eine große Anzahl von weniger bekannten Erzeugern. Man hat immer auch einen günstigeren Preis, wenn man gleich eine Kiste kauft. Und bei Einzelflaschen fängt es bei ca. 16 Euro an.
Im Gegensatz zum deutschen Discounter-Champagner (egal ob von Lidl oder Aldi) gibt es jedoch bei „Cave de sacres“ zum günstigen Preis echte und authentische Qualität. Der Name des Erzeugers steht auf dem Etikett und er bürgt nicht selten mit seinem eigenen Familiennamen. Fachkundige Beratung (sogar auf Englisch) gibt es in diesem ausgezeichneten Champagnerladen obendrein. Dabei wird man gefragt, welchen Typ Champagner man sucht. Mancher Marken- oder Etikettentrinker wird bei so einer Frage schnell überfordert sein.
Wir haben aus der Champagnerreise bei „Cave de sacres“ zwei Flaschen gekauft.
- Pierre Callot Clos Jacquin Grand Cru Brut (50 €)
- Bardoux Pere & Fils Premier Cru Brut (17 €)
Der Clos Jacquin von Pierre Callot fiel bei dieser Veranstaltung in Köln sehr positiv auf. Um so größer war das Erstaunen diesen Champagner in dem Laden zu finden. Es gibt jährlich nur 1.500 Flaschen von diesem recht ungewöhnlichen Spitzenprodukt. Der Preis für diesen Champagner ist ziemlich untertrieben. Der Clos Jacquin kann durchaus mit vielem im Segment von 80 bis 140 Euro mithalten. Sicherlich ist er komplizierter als Dompi oder Cristal. Aber gerade das macht seinen Reiz aus.
Was nehmen wir von der Champagnerreise mit nach Hause?
Der Premier Cru Brut von Bardoux Pere & Fils wurde auf ausdrückliche Empfehlung der Verkäuferin mitgenommen (neudeutsch: Kaufbefehl). Der Erzeuger ist ein kleiner Champagner-Winzer. Das heißt er baut seine Trauben vollständig selbst an. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem lange etwas abwertig betrachteten Pinot Meunier. In den letzten Jahren ändert sich das etwas unter Champagner-Kennern. Auf den Bardoux Pere & Fils sind wir jedenfalls sehr gespannt. Bei 17 Euro kann man irgendwie auch kaum etwas Falsches gekauft haben. Besser als bei Aldi wird es schon sein. Und selbst wenn nicht, hat man etwas zum Erhalt der authentischen kleinteiligen Erzeugung in der Champagne beigetragen.
Hallo Thomas,
ich finde, wenn der Name Champagner fällt, denken Viele sofort an Veuve Clicquot oder Moet & Chandon. Die authentische Champagne geht dabei irgendwie unter. Klar, wie soll es denn auch der kleine Champagnerbauer in das deutsche Supermarktregal schaffen, wo eben die meisten deutschen Verbraucher ihren Wein oder eben ihren Champagner kaufen.
Was mich auf meiner Reise in die Champagne sehr verblüfft hat, war auf der einen Seite u.a. der Keller (die Produktion) von Nicolas Feuillatte. Eine Art Genossenschaft mit 240.000 L Tanks. Auf der Anderen Seite aber auch Champagnerhäuser wie http://www.champagne-boulard-bauquaire.fr/ mit rund 10 ha Anbaufläche – ein totaler Kontrast.
Bei Boulard Bauquaire zeigte das Eigentümerpaar einen sehr herzlichen und umfangreichen Einblick in das Leben eines kleineren Betriebes. Die Champagner waren fantastisch und werden zu sehr humanen Preisen angeboten. Fast schon ein Geheimtipp!
Beste Grüße
Sebastian
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