Hier in diesem Blog wurde berichtet, dass REWE in einem Prospekt (Kalenderwoche 46) sich eines Textes von Wikipedia bedient hat, ohne darauf hinzuweisen. Hierund hier wurde der Bericht aufgenommen. Von REWE war zu dem Vorgang nicht zu erfahren, wer für die Erstellung der Werbung verantwortlich ist. In einer Mail von der „REWE Dortmund Großhandel eG“ (diese ist offensichtlich zuständig) bedankte man sich für die „kostenlose Werbung“ im diesem Blog (habe ich etwas verpasst?; seit wann sind Vermutungen von offensichtlichen Urheberrechtsverletzungen eine Werbung für ein Unternehmen?; das Gegenteil dürfte der Fall sein). Zu dem schrieb eine Dame von REWE in einer Ausflucht von inhaltliche Fragen:
„Wir alle sind doch Wikipedianer und freuen uns, wenn unsere wunderschönen Beiträge einer größeren Leserschaft kundgetan werden.“
Ich dachte eigentlich, dass der Betrag von Wikipedia und nicht von REWE war. Aber nach den ganzen Übernahmen und Übernahmegerüchten rund um REWE ist man sicherlich auf manchen Ebenen etwas durcheinander gekommen. Da ist man sich nicht mehr sicher, was wem gehört. Aus sicherer Quelle sei hier berichtet: Wikipedia ist noch nicht zu 100% an REWE verkauft.
Aber wollen wir nicht nur alte Geschichten aufwärmen, sondern schauen wir in das nachfolgende Prospekt aus der Kalenderwoche 47. Auch dies ist bei genauerer Betrachtung keine Werbung für REWE. Dort sind mehrere Rezepte abgedruckt. Auch bei REWE wird jetzt also gekocht. Kochen wir etwas an zwei Gerichten mit, die auf der Zunge zergangen nicht gerade schmackhaft sind (auch ohne das viele Köche den Brei verderben – das ist er schon vorher – ein Bericht darüber kann nicht dafür verantwortlich gemacht werden).
Fall I: Raclette – Rezept für 4 Personen
Im Blog raclette-rezept.net kann man folgendes Rezept lesen:
Rezept ist geeignet für: 4 Personen
* 6 kleine bis mittlere Kartoffeln
* 20 Scheiben Wurst (Salami, Kochschinken, …) – nicht zu dünn!
* 600 g original Raclette Käse, Goua, Emmentaler bzw. Edamer (= 100 – 150 g pro Person)
* 5 Schalotten oder kleinere Zwiebeln, auch Lauchzwiebeln
* 1 kleines Glas Gewürzgurken
* 2 Tomaten
* frische Gewürze (Pfeffer, Salz)
Zubereitung
* Käse schälen und anschließend in 3 mm dicken Streifen schneiden mit einem echt scharfem Messer oder Käseschneider; anschließend drapieren und vom Austrocknen bewahren, indem Sie die abdecken und in den Kühlschrank stellen.
* Kartoffeln putzen unter laufendem kaltem Wasser und anschließend in kurz ankochen
* Gewürzgurken, Schalotten, Tomaten und Wurst schneiden und drapieren.
* Tisch vorbereiten; Grill anwärmen; Gemüse sowie Wurst auf dem Tisch anrichten und Small-Talk-Themen überlegen 😉
* Gäste willkommen heißen
* Raclette-Pfännchen austeilen, befüllen und unter den Grill schieben; innerhalb von 2 – 4 Minuten ist die 1. Runde fertig.
* Würzen, 2. Runde vorbereiten und einfach genießen!
Hier das Rezept von REWE:
Beim Rezept von REWE handelt es sich offensichtlich um eine leicht gekürzte und grammatikalisch leicht überarbeitete Version aus dem Blog.
Fall II: Kräuter-Entenschenkel – Rezept für 4 Personen
Bei der CMA gibt es dieses Rezept:
“Die Entenschenkel waschen und trocken tupfen, rundherum mit Weinbrand, Salz und Pfeffer einreiben. Behutsam die Haut vom Schenkel lösen, Rosmarinnadeln und Thymianblättchen darunter schieben. Den Backofen auf 180 Grad vorheizen. Schalotten und Knoblauchzehen schälen.
Die Schenkel rundum in heißem Butterschmalz anbraten. Dann Zwiebeln, Knoblauch, kleine Kartoffeln, Rosmarinnadeln und Thymianblättchen zugeben, schwenken, alles in eine feuerfeste Form geben und offen in den Ofen schieben. …”
Hier das Rezept von REWE:
In beiden Fällen ist die Ähnlichkeit erstaunlich. Das pikante an dieser Geschichte mit der CMA ist, dass diese ihre Aktivitäten als eine Werbung für deutsche Landwirtschaftsprodukte versteht. Die Entenschenkel, die im REWE-Prospekt beworben werden, kommen jedoch aus Frankreich. Es wird also der Urheber um seine Rechte gebracht und gleichzeitig damit für die Konkurrenz geworben. Das ist doch mal eine starke Leistung.
Nun kann man evtl. davon ausgehen, dass Rezepte selbst nicht unbedingt einem Urheberschutz unterliegen. Sie sind ja in gewisser Hinsicht ein überliefertes Kulturgut, zu welchem ein allgemeiner Zugang bestehen sollte. Trotzdem ist die offensichtlich blinde Übernahme irgendwelcher Rezepte aus dem Internet für ein Unternehmen wie REWE etwas zweifelhaft. Was ist, wenn das Gericht so zubereitet nun überhaupt gar nicht schmeckt? Und wenn es schmecken sollte, wieso wird der Urheber, der für den Ruhm dafür verantwortlich ist, nicht erwähnt? Auch bei solchen Fragen wird REWE bestimmt wieder Mauern. Aber wie heißt doch so schön das Motto dieses Ladens: „Jeden Tag ein bisschen besser“. Mal schauen wann es gut ist und die Mitarbeiter gelernt haben eigene Texte zu schreiben. Digitale Inhalte sind schließlich kein Freiwild!
Ich bin kein Jurist, beschäftige mich aber immer wieder mit dem Urheberrecht im Netz. Meiner Meinung nach ist es so, dass am Rezept selbst kein Urheberrecht besteht, an der konkreten Ausformulierung aber sehr wohl. Sonst könnte ja ein Verlag das Kochbuch der Konkurrenz eins zu eins kopieren und nachdrucken. Das geht nicht. Man muss sich schon die Mühe machen, das Rezept neu zu formulieren. Für meine Begriffe hätten Wiki oder die CMA das Recht, Honorar nachzufordern oder REWE abzumahnen.
@ Wolf: Ich könnte mir eine solche Rechtssprechung auch vorstellen. Jedoch ist gerade im Internetrecht noch vieles in einer Grauzone und die Rechtsauslegung nicht eindeutig. Es ist ja immer auch eine Abwägung der Rechte von Autoren und einer Informationsfreiheit. Triebfeder für mich diese Geschichte zu verfolgen war, dass ich selbst Autor digitaler Texte bin und mich eine Debatte zum Umgang damit interessiert. Auch die Fragestellung wie man Texte (z.B. von Blogs) besser schützen kann, spielt da mit. Einzelfälle zu veröffentlichen wirkt bestimmt daran mit, dass ein Problembewußtsein entsteht.
Als Teil der schreibenden Zunft bin ich entsetzt. Wenn es Großkonzerne wie REWE nicht mehr für nötig halten, für die Inhalte in ihren Werbemitteln professionelle Texter zu bezahlen, sondern sich offenbar hemmungslos und frei im Internet bedienen, dann kann ich sicher bald nur noch bei ALDI einkaufen! Ist das noch Unternehmenskultur? Sicher keine gute!
Aber bei der CMA sollte es doch eigentlich explizit erwünscht sein das Firmen die Inhalte übernehmen? Dafür ist sie doch da die große Werbeagentur der Landwirtschaft. So dachte ich zumindest 🙂
@ Thomas:
Du hast vollkommen recht, dass die CMA Marketing für Landwirtschaft macht; jedoch für deutsche Erzeugnisse und nicht für Entenschenkel aus Frankreich. Dazu steht explizit auf deren Homepage: “Durch eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen fördert die CMA den Absatz deutscher Erzeugnisse der Land- und Ernährungswirtschaft im In- und Ausland.”
Deswegen sind in dem Rezept auch deutsche Entenschenkel als Zutat aufgeführt. Das hat REWE soweit auch kopiert, jedoch dann französische Entenschenkel beworben. Da sieht man auch wie dilettantisch mit dem Text umgegangen wurde.
Und es wurde sogar ein Fehler in das Rezept geschrieben: “Kartoffeln rundum in heißem Schmand anbraten
dann Zwiebeln, Knoblauch und Kartoffeln zugeben”. Hier ist eine gewisse Bearbeitung erkennbar, die jedoch einen logischen Fehler ins Rezept gebracht hat. Und so werden die Kartoffel zu den Kartoffeln hinzugegeben und die Schenkel bleiben bei dem Rezept zu REWE am Ende roh. Sie sollen zwar im weiteren Verlauf gewendet werden, sind aber zuvor nie in den Ofen gekommen.
Stimmt 🙂
Jetzt auch in der Süddeutschen Zeitung:
weinverkostungen.de wird explizit als Quelle genannt 😉
@ benedikt:
In der Printausgabe der SZ war der Artikel auch. Allerdings dort dann ohne Link ;-).
Manueller Trackback:
[…] Es verwundert, wenn auf Anfrage von weinverkostungen.de eine fast verhöhnende Antwort per E-Mail mit kumpelhafter Formulierung aus einer REWE-Vertriebsfirma kommt: Wir alle sind doch Wikipedianer. […]
Hallo Leute,
ich möchte ja nichts schönreden, aber ein paar kleine Kritikpunkte los werden.
Ihr meckert über fehlende Quellenangaben, aber ich muss bei euch auch erst mal drei Blogeinträge lesen um herauszufinden das es sich um Handzettel der REWE Dortmund handelt.
Ihr sprecht aber immer von “der REWE” und dem “Konzern”. Nur dummerweise hat die REWE Dortmund mit dem kölner Konzern gleichen Namens eigentlich fast nichts gemeinsam ausser dem Namen.
Historisch bestand die REWE aus selbstständigen Einkaufsgenossenschaften von ebenfalls selbstständigen Kaufleuten. Die meisten dieser Genossenschaften schlossen sich in den 80er und 90er Jahren zum heutigen REWE-Konzern mit der Zentrale in Köln zusammen. Die REWE Dortmund hat sich aber an dieser Konzernierung nicht beteiligt. Es findet natürlich in manchen Bereichen ein Zusammenarbeit statt.
Kann man auch schön hier nachlesen
http://de.wikipedia.org/wiki/Rewe_Group#Rewe_Dortmund
Gruß
Sungam
@Sungam:
Diese Kritik richtet sich nicht gegen mich, sondern gegen REWE. Ich hatte dort angefragt, wer für diesen Handzettel verantwortlich ist. Dies bleib unbeantwortet. Lediglich, dass eine Email als Reaktion (nicht jedoch in inhaltlicher Antwort) von der Genossenschaft aus Dortmund kam kann als ein Indiz gelten. Genauso ist es in diesem Text dargestellt und dies ist auch mein Wissensstand. Zudem ist in den Prospekten die Domain rewe.de angegeben. Diese gehört der REWE Zentral AG in Köln. Wenn ein Unternehmen mir gegenüber nachgefragte Informationen nicht mitteilt, kann ich diese hier auch nicht mit Gewissheit verbreiten. Ob nun E.G. oder AG ist also nicht ganz sicher. Außerdem: Was hat das mit Quellenangaben zu tun? Das Prospekt liegt in Läden aus, wo groß REWE draufsteht. Das ist hierbei Quelle genug. Wenn in den Handzetteln die URLs, die ja bekannt gewesen sein müssen, erwähnt werden würden, von denen die Texte offensichtlich stammen, währe ich ja schon zufrieden gewesen.
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