An Aldi scheiden sich die Geister. Manche meinen, dass der Weinverkauf dort den (Fach-)Handel und die Preise ruiniert. Der Discount ist vollkommen zur Glaubensfrage geworden. Einige malen den Teufel an die Wand, andere laufen wie Jünger in diese Läden. Die Wahrheit liegt häufig dazwischen. Aldi hat mit seinen Dauerniedrigpreisen in den letzten Jahren einiges einstecken müssen. Vor allem das dort fehlende Thema Aktion übte Druck aus. Dabei hat Aldi-Süd in ihrem Standardsortiment im Bereich Wein in den vergangenen Jahren einige verlässliche Größen eingebaut. Dies liegt im Trend der Sortimentsausweitungen der Discounter. Ein fester Bestandteil bei Aldi-Süd ist inzwischen die Edition Fritz Keller.
Die Idee der Edition Fritz Keller ist gar nicht so neu. So beruft man sich auf die Tradition des Bauhauses. Dabei sollte vor dem Hintergrund der Industrialisierung eine Rückbesinnung auf das Kunsthandwerk stattfinden. Das ist vor dem Hintergrund industrialisierter Produktion von Wein ein durchaus interessanter Entwurf. Doch zurück zur Edition Fritz Keller. Uns geht es im folgenden um den Pinot Rose Sekt Brut. Auf dem Etikett ist eine Lithografie von Paul Klee mit dem Namen „Aristophanische Komödie“ aus dem Jahr 1918 abgebildet.
Bei dem Pinot Rose Sekt Brut aus der Edition Fritz Keller handelt es sich um eine Flaschengärung. Sie zeigt sich in einem strahlenden lachsrosa im Glas. Die feine Perlung bleibt recht lang präsent. Dieser Sekt Brut aus Pinot Noir bringt Himbeeren in der Nase. In der zweiten Nase sind wenig süße Erdbeeren. Der Gaumen ist bei diesem trockenen Rosesekt aus der Edition Fritz Keller eher frisch und leicht mit einer geprägt. Eine dezente Würze tritt im Nachhall auf.
Also manchmal überlege ich schon fast in den Süden Deutschlands zu ziehen. Generell scheint man dort mehr von Genuss zu verstehen. Und es gibt dort auch Aldi-Süd mit der Edition Fritz Keller. Ich bin mir nicht sicher, ob Discounter im Norden Deutschlands den Mut hätten eine Flaschengärung für 9,99 in das Sortiment aufzunehmen. Aber diese Momente gehen auch schnell wieder vor rüber. Da beleibe ich lieber hier und gehe eben zum Fachhändler. Der hat – wenn er gut aufgestellt ist – auch guten Sekt in ähnlicher Preislage im Sortiment.
Noch eine kleiner Tipp zum Schluss: Dieser Sekt aus der Edition Fritz Keller trägt hier den Jahrgang 2010. Und Aldi-Süd verkauft eigentlich selten alte Ware. Man kann sich auch noch die AP-Nr auf der Rückseite der Flasche absehen. Die letzeten beiden Zahlen sind das Jahr. Hier ist es eine 12 für 2012. Diese Zahl sollte das jetzige Jahr sein oder evtl. ein Jahr zurück sein. In diesen Fall handelt es sich um ganz aktuelle Ware. Alles andere würde ich bei diesem Sekt nicht kaufen.
Edition Fritz Keller Pinot Rose Sekt Brut
Baden
Hersteller: Vitis-Projekt GmbH Essen; versektet in Augen
A.P.Nr: 1067 201 12
Inhalt: 0,75
Alkohol: 12%
Jahrgang: 2010
Einkaufspreis: 9,99 €
Verschluss: Naturkorken
Quelle: Aldi-Süd
9,99 € für ein solches Erzeugnis? Pardon, aber für ein paar Cent mehr kriege (oder sogar weniger) ich woanders einen richtig guten Winzersekt.
Werner,
wieso für ein paar cent mehr? Man bekommt natürlich für das selbe Geld entsprechende Qualitäten im guten Weinfachhandel. Keine Frage. Das habe ich versucht im Artikel deutlich zu machen.
Zugleich ist das mit dem Bauhaus und einer Flaschengärung für diesen Preis im Discount aus meiner Sicht eine intellektuelle Herausforderung. Ich bin mir fast schon sicher, dass dem Einige nicht gerecht und wieder einmal billige Vorurteile bedienen werden. Das rettet aber weder den Fachhandel noch gute Weine. Ich kann es mir einfach nicht mehr von Leuten anhören, die meinen, dass der Handel immer gleich bleibt.
Nein. Vieles ist in Bewegung. Und letztendlich profitiert nicht selten der Endverbraucher. Und ein Fachhändler mit Winzersekt der schläft, den kann ich hier nicht wecken.
Viele Grüße
Thomas
2010er Sekt im Verkauf ist jetzt aktuell für Flaschengärung. Der Grundwein für diesen Sekt ist frühestens im März 2011 vinifiziert und muss dann 9 Monate die zweite Gärung in der Flasche vollziehen, also bis Anfang 2012. Kann demnach nicht früher auf dem Markt sein, oder 2011er Flaschengärung kann es jetzt noch nicht geben.
Berthold Willi
Ich habe den Sekt auch verkostet http://oinophilist.blogspot.de/2012/03/aldi-2010er-pinot-rose-sekt-brut-in-der.html und muss sagen, dass das Preis-Leistungsverhältnis m.E. nicht ganz stimmig ist, Bauhaus hin oder her.
Um an Werner Elflein anzuknüpfen: Der Grenznutzen von zwei bis drei zusätzlichen Euros dürfte beachtlich sein. Außerdem muss ich ja nicht unbedingt Aldi oder Herrn Keller noch reicher machen und lasse lieber den Winzer meines Vertrauens etwas verdienen.
Hi Oinophilist,
ich finde den Sekt gut. Winzersekte gefallen mir auch sehr häufig. Das ist für mich kein Widerspruch.
Das Thema Winzersekt hat jedoch auch einige Probleme. Nicht selten lässt der Winzer seinen Sekt mit seinen Trauben an einer anderen Produktionsstätte erzeugen. Das ist sicherlich ein Bruch mit der Winzerromantik. Und es zeigt eine Fragestellung die diese Bauhaus-Thematik durchaus tangiert.
Ein zweites Thema beim Winzersekt scheint mir zu sein, dass die Trauben häufig zu reif und der Winzersekt manchmal etwas überladen ist. Jeder der mal Grundweine für den Champagner probiert hat und als Vergleich sieht, was dann nicht selten Basis für den Riesling-Sekt ist, versteht meinen Einwand. Aber auch diese Ergebnisse können gut schmecken, auch wenn mir mehr Eleganz durchaus besser gefällt.
Viele Grüße
Thomas
Grüß Gott Herr Günther,
vielen Dank für Ihre Hinweise. Um meine Kritik noch einmal zu präzisieren: Es geht mir nicht um Winzerromantik oder um die Ablehnung von Aldi, sondern um den Geschmack im Glas.Ich fand das Produkt von Keller auch recht ordentlich, aber letztlich etwas belanglos und uniform. Ich würde es zu diesem Preis (9,99 ist ja der berühmte Schwellenpreis) nicht wieder kaufen. Natürlich würde ich auch einen Winzersekt um 12,90 Euro, der meine Erwartungen nicht erfüllen kann, nicht wieder kaufen. In diesem Preissegment habe ich aber zahlreiche Exemplare kennengelernt, die mir sehr viel besser gefallen.
Was die Beschaffenheit der Champagner-Grundweine angeht, haben sie vollkommen Recht – ich hatte bereits das seltene und seltsame Vergnügen, solche Produkte zu verkosten. Man wundert sich dann, was eine zweite alkoholische Gärung so alles bewirkt.
Ob man aber einen eleganten oder einen eher “überladenen” Sekt vorzieht, ist letztlich eine Frage des perönlichen Geschmacksempfindens und unterliegt daher dem “de gustibus…”-Vorbehalt.
Freuen wir uns auf weitere spannende “oinophile weinverkostungen”!
Ihr
Oinophilist
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