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Einige Erlebnisse auf der ProWein 2017

prowein 2017 erlebnisseVor gut zwei Wochen ging in Düsseldorf die Weinfachmesse ProWein zu ende. Und wieder gab es mehr Besucher. Je größer die Messe wird, um so subjektiver wird jeder Bericht von ihr. Das liegt auf der Hand. Früher gab es einige Fixpunkte. Inzwischen kann man sich drei Tage nur in einer Halle aufhalten und man findet genügend interessante Ereignisse. Ich will Abwechslung. Immer wieder etwas Neues. Das ist nicht ganz einfach. Auch Aussteller sind Gewohnheitstiere. Ich habe ein Jahr etwas Positives über sie geschrieben. Und schon die Frage: Sind wir dieses Jahr weniger interessant? Nein, die Weinwelt lebt von der Veränderung. Und mir scheint, in den vergangenen Jahren bewegt sich so viel mehr als nur der neue Jahrgang. To another great year meint also mehr als das. Dafür ist die ProWein ein guter Ausdruck.

miguel torres maczassekMein Programm auf der Messe habe ich mit Spanien begonnen. In einer Masterclass stellte Miguel Torres Maczassek einige spanische Weine und vor allem ein sehr interessantes Projekt vor. Und zwar hat Miguel A. Torres in den frühen 1980er Jahren die Idee entwickelt alte Rebsorten in Penedes zu suchen und weiter zu nutzen. Dabei fand man in Katalonien insgesamt 50 Rebsorten, welche die Reblaus überstanden haben. Diese wurden jeweils nach ihrem Fundort benannt. Nachdem man geprüft hat, welcher Boden und welches Mikroklima für die jeweilige Rebsorte geeignet ist, hat man 6 Sorten gefunden, welche für Torres besonders geeignet sind.

torres forcada pireneAus diesen autochthonen und lange Zeit vergessenen Rebsorten des Penedes erzeugt Torres nun zwei Weine. Der weiße Forcada 2016 ist fruchtig-floral mit etwas Kräutern und hellen Blumen. Frisch wirkt er am Gaumen. Er stammt aus vier wiederbelebten Rebsorten. Die Fassprobe vom Rotwein Pirene aus 2016 wirkt in der Nase etwas schlank mit Brombeere und Unterholz im Hintergrund. Am Gaumen ist er ausbalanciert mit animierend frisch wirkender Säure und etwas Schokolade im Nachhall. Die Geschichte finde ich sehr interessant. Sie zeigt, dass auch größere Erzeuger eine gewisse Vielfalt unterstützen können.

torres mas la planaVom neuen Purgatori aus der Appellation Costers del Segre gab es den zweiten Jahrgang in das Glas. Mit diesem Wein hat man erst mit der Ernte 2012 angefangen. In der Region muss man wegen dem Klimawandel in immer höhere Bereich gehen. Die angenehme Frische merkt man dem Wein auch an. Dann gab es noch einige Klassiker von Torres ins Glas. Besonders der 42ste Jahrgang des Mas La Plana 2012 hat es mit angetan. In der Nase breiten sich bei diesem Cabernet Sauvignon Aromen von schlanker Brombeere und fruchtiger Sauerkirsche aus. Am Gaumen präsentiert sich eine sehr volle Frucht mit einer erfrischenden Säure. Dieser Wein hat noch so einiges an Alterungspotenzial in sich. Aber auch der Grans Muralles war sehr schmackhaft.

australien old vinesNach einigen freundlichen Gesprächen und freien Verkostungen ging es für mich mit Australischen Old Vines weiter. Das meint natürlich keine gereiften Weine, sondern so etwas wie Alte Reben. Hier kann man ein Bild aus Vorurteilen über Australien korrigieren. Immer ist der Begriff von der Neuen Welt in vieler Munde. Es ist ganz anders. Während in der hiesigen Region Mosel mit 2000 Jahren Weinbau der Begriff Alte Reben völlig ungeschützt verwendet werden darf, gibt es in Australien dafür eine Messlatte.

australien proweinIn Barossa meinen Alte Reben ein Mindestalter von 35 Jahren. Über die Abstufungen Survivor (mind. 70 Jahre) und Centenarian (mind. 100 Jahre) reicht die Kategorisierung bis in die Kategorie Ancestor (mind. 125 Jahre) zurück. Das Alter haben die Reben des 2005er Semillion von Tyrell’s Wines „Winemaker’s Selection Vat 1 aus dem Hunter Valley noch nicht erreicht. Trotz des fortgeschrittenen Jahrgangs war dieser Wein noch richtig frisch. Ich will nicht alle einzelnen Weine hier durchgehen. Nur so viel: Diese Verkostung lenkt ein vollkommen neues Bild auf Australien. Die ältesten Reben in dieser Veranstaltung gab es beim Moorooroo von Schild Estate Wines aus dem Barossa Valley. Diese wurden 1847 gepflanzt. Der 2013er Shiraz machte mir mit guter Struktur deutlich Spaß.

sting proweinKurz danach war erst mal langes Warten angesagt. Der Ex-Police-Popstar Sting hatte sich nebst Frau angesagt um sein Weingut in der Toskana zu promoten. Eine Stunde später erschien Sting mit Trudy Styler. Seine Frau sprach über ihr biodynamisches Weingut. Dies brachte nach deutlichen Umstrukturierungen 2007 den ersten Jahrgang hervor. Danach spielte ihr „Partner im Wein und im Leben“ noch drei Hits unplugged auf der Gitarre. Dazu gab es stroboskopisches Blitzlicht. Das klicken der Spiegelreflexe war zwar etwas unrhythmisch, aber ersetzte das Schlagzeug. Spaß hat es gemacht. Und immer schön bei so einem Ereignis dabei zu sein. Die Weine hätte ich auch noch gerne auf der ProWein verkostet. Da war aber leider kein herankommen. Ich habe nur gehört, dass sie wohl ganz ordentlich sein sollen.

prowein janek schumann mwDer zweite Tag beginnt erfreulich beim Stand von Sachsen auf der ProWein mit dem „Club der Weinakademiker“. Geschnarcht wird woanders, denn in Sachsen hatte man ein Frühstück mit dem Titel „Eierschecke und Scheurebe“ überschreiben. Es gab jedoch auch viele andere Rebsorten. Nach einer Einleitung von Janek Schumann MW, in der es hauptsächlich um Weinakademiker und den Weinbau in Sachsen ging, war freies Verkosten angesagt. Nicht nur die Eierschecke war lecker. Janek erwähnte noch, dass die aus Freiberg noch einen Ticken besser ist.

prowein sachsenLeider hatte ich nicht genug Zeit für diese Veranstaltung mitgebracht. So hätte ich gerne auf jeden Fall noch den Sangiovese vom Weingut Martin Schwarz aus Dresden probiert. Mich begeisterte jedoch außerordentlich der MoMu Fortified vom Weingut Frederic Fourre. Das ist ein Morio Muskat mit 70g Restsüße und 10% Riesling. Ich empfand diesen Wein als erstaunlich frisch und lebendig. Gerade die Frische begeisterte mich. Das Weingut selbst sieht es als sächsische Interpretation des Muskats aus Südfrankreich.

prowein eierscheckeMit diesen außergewöhnlichen flüssigen Kunstwerken finde ich Sachsen sehr interessant. Gerade vor den klimatischen Herausforderungen wie Spätfrösten bei frühem Austrieb schaffen es hier gerade einige der kleinen Betriebe hervorragende Qualitäten in die Flasche zu bekommen. Auch in ertragsreichen Jahrgängen ist die Menge so begrenzt, dass vieles in Sachsen bleibt. Weinbau ist hier auch mit Risiko verbunden. Ertragsreiche Jahrgänge unterscheiden sich von denen mit geringer Menge um 50%. Das ist jeweils also die Hälfte oder das Doppelte; je nachdem ob man Optimist oder Pessimist ist.

Nach der Veranstaltung am Stand von Sachsen fällt mir fast zufällig der falstaff Wein Guide aus 2016 in die Hände. Da schaue ich mal nach, was da über dieses Anbaugebiet drinsteht. Erstmal fasst man dies mit Saale-Unstrut zusammen. Man könnte da auch mit Zone titeln. Und recht inspirationslos sind die Weingüter die man nennt. Sicherlich sind Proschwitz und Wackerbarth beide aus Sachsen nicht wegzudenken. Aber diese Darstellung drängt mir die Frage auf, ob man es nicht besser kennt oder ob es nicht in solch ein Konzept passt.
Diese Weingüter aus Sachsen fehlen definitiv:

  • Karl Friedrich Aust
  • Drei Herren
  • Martin Schwarz
  • Frederic Fourre

In der 2015er Ausgabe wurden immerhin in der Kategorie „Junges Sachsen“ die meisten dieser Weingüter genannt. Dieser Teil des Weinführers hatte 2016 jedoch einen anderen Autor.

fh geisenheim prowein studieWenig später ging es zur Vorstellung der Studie der FH Geisenheim zur ProWein. Diese zeigt demonstrativ die Veränderungen in der Weinwelt. Ich will hier gar keine Details wiedergeben. Die Studie liegt vor und jeder der mag kann sie lesen. Nur soweit: Gesättigte Märkte können recht gefährlich für das Marketing sein. Und es gibt aufstrebende Märkte mit geringen Risiken. Zudem ist nach der Studie die Stimmung bei den hiesigen Erzeugern besser, als bei den Händlern. Und – das wurde zwar nicht direkt so untersucht, erschließt sich aber – das Storytelling wird immer wichtiger. Das wird besonders deutlich, wenn man schaut, welche deutschen Winzer in den vergangenen Jahren erfolgreich waren.

Es geht um erzählbare und glaubwürdige Geschichten. Das gelingt einzelnen Personen aus der Weinbranche häufig besser als großen Brands. Demnach erklärt sich eine gute Stimmung bei den kleinen. Nun kann man einwenden, dass die offizielle Statistik anders aussieht. Ja, Statistik ist ein Gesamtbild. Wenn man die Aussteller einer Fachmesse fragt, hat man eine Vorauswahl. Und wenn man zu so einer Messe fährt hat man meistens einen Plan und will in eine entworfene Zukunft investieren. Wenn man nicht so richtig weiß wohin man will oder einfach so weiter macht wie immer, geht man wahrscheinlich eher unter als wenn man eine Vision – oder sanfter formuliert ein Ziel – hat.

fox run riesling finger lakesKurz vor Ende der Messe hatte ich auf dem Weg zu einem Termin noch die Gelegenheit einige Weine aus New York State zu verkosten. Dort gibt ist ein recht kühles Klima. Das Anbaugebiet reicht von New York City bis an die kanadische Grenze mit dem Lake Ontario. Besonders gut hat mir hier der Riesling von den Fox Run Vineyards gefallen. Dieses Weingut liegt im Gebiet von Finger Lakes. Gerade eine solche Vielfalt auf sehr hohem Niveau zeichnet eine Weinmesse aus. Auch wenn die ProWein für mich nicht wirklich eine Verkostungsmesse ist, kann man hier Weine probieren, an die man sonst nur schwer heran kommt.

aldi proweinDa war dann noch etwas in der Düsseldorfer Innenstadt. Aldi-Süd hatte anlässlich der ProWein einen kleinen Pavillon aufgebaut. Dort konnte man die Weine des Discounters probieren. Es soll auch Veranstaltungen gegeben haben. Als ich da war, stand zwar etwas auf dem Plan. Ich habe aber nichts davon gesehen. Die Weine muss ich auch nicht probieren. Jedenfalls nicht in dieser Form. Den Sinn dieser Aktion habe ich nicht nachvollziehen können. Aber ich bin ja auch nicht die Zielgruppe. Aus Unternehmenskreisen war zu hören, dass es eine erfolgreiche Maßnahme war.

street food parkNoch zum Abschluss dieses Artikels die nicht ganz so erfreulichen Themen mit denen man sich immer wieder jedes Jahr abarbeitet. Der Verkehr war besser als in den vergangenen Jahren. Und das Essen. Nun. Eine FoodStreet gab es. Ich hätte StreetFood geil gefunden. Asiatisch geht da auch. Aber bitte cool und nicht billige Nudeln auf einem Plastikteller. Immerhin: Problem erkannt, aber leider noch nicht ganz gebannt. Ist das wirklich die deutsche Tradition? In dieser steht der Wein für sich und wird sauber – jetzt unter extrem gut geprüften LED-Lichtern – bewertet. Mediterran und mit Lebensfreude sieht anders aus. Da wären wir wieder bei Strorrytelling und beim emotionalen Verkaufen.

prowein 2017Das war es erst einmal. Danken möchte ich allen freundlichen Ausstellern und der Messe Düsseldorf als Veranstalter der ProWein. Es gab noch viele andere berichtenswerte Ereignisse auf der Messe, aber nach 1700 Wörtern muss auch mal gut sein. Ich hatte noch eine vorzügliche Verkostung einiger Rotweine aus Griechenland. Der Bericht wird hier in den kommenden Tagen erscheinen.