Seit 2014 muss Rudy Kurniawan in den USA eine 10jährige Haftstrafe verbüßen. Er wurde als Weinfälscher verurteilt. Das Gericht in New York sah es als erwiesen an, dass Kurniawan gefälschte Weine im Wert von Millionen US-Dollar verkauft hat. arte strahlt nun den Dokumentarfilm „Etikettenschwindel – Der große Weinskandal“ von Jerry Rothwell und Reuben Atlas aus. In ihm wird der Aufstieg und Fall von Rudy Kurniawan sehenswert erzählt.
Der Film „Etikettenschwindel“ hält aber auch der Weinwelt einen Spiegel vor. Immer seltener und ausgefallener sollen die Weine sein mit denen man sich umgibt. Wein wird in einer gehobenen gesellschaftlichen Sphäre zum Luxusprodukt bei dem es mehr auf das Etikett ankommt. So wie bei alten Autos oder teurem Parfüm. Dabei verliert er absolut den Bezug zum Wert, wie er beispielsweise durch den Aufwand bei der Erzeugung gemessen werden kann. Wenn es eine Flasche nur einmal gibt, kann sie unendlich wertvoll sein, sobald mehrere Interessenten vorhanden sind.
Im Film wird eine Parallele mit der dot.com-Blase dargestellt. Der Aufstieg von Rudy Kurniawan fällt in eine Zeit, in der Geld im Überfluss vorhanden ist. Genauso wie die Finanzwelt ist die Weinwelt im Luxusbereich von Männern dominiert. Diese brauchen ihre Statussymbole. Eine Expertin für Weinfälschungen erzählt sogar, dass sie auf einer Probe gefragt wurde, welchen Mann sie begleitet.
Der doppelte Etikettenschwindel des Rudy Kurniawan
Eigentlich ist der Filmtitel „Etikettenschwindel“ doppelt zu verstehen. Er ist nicht nur ein Wirtschaftskrimi. So geht es nicht nur um gefälschte Weinflaschen. Seine Hauptfigur Kurniawan vielmehr selbst erscheint als mysteriöse Figur mit undeutlicher Herkunft. Mit einem seit 2003 abgelaufenem Studentenvisa lebt er in den USA. Auch woher er und das Geld zu Beginn seiner Karriere kam, bleibt etwas nebulös.
Zugleich wurden offensichtlich nicht nur die Etiketten gefälscht. Selbst der Flascheninhalt ist offenbar von Dr. Conti durch eine gekonnte Rezeptur erzeugt worden. Und immer wieder hat es besonders teuren Burgunder – wie die von Romanee-Conti – erwischt. Bordeaux, Icon-Weine aus Australien, Champagner und hochwertige Kalifornier werden jedoch sonst kaum minder gefälscht. Der Fokus auf dieses Anbaugebiet entsteht im Fall Kurniawan auch dadurch, dass der Inhaber der Domaine Ponsot aktiv bei der Ermittlung mitgewirkt hat. Ihm fiel auf, dass Flaschen mit dem Etikett seines Weinguts verkauft wurden, die dort niemals erzeugt worden sind. Die auf der Flache bezeichnete Lage war damals noch gar nicht im Besitz.
Sicherlich lässt dieser Film einige Fragen offen. Wie gelang es z.B. Kurniawan an so viele gefälschte Flaschen zu gelangen? Es ist offensichtlich, dass er diese nicht allein in seiner Küche produzieren konnte. Auch darüber woher sein Startkapital stammt, kann nur spekuliert werden. Aber eigentlich ist eine vollständige Aufklärung aller Details nicht das Ziel dieses Films. Es geht vielmehr um ein Bild der gehobenen Gesellschaft. Diese verlangt immer wieder nach solchen Figuren wie Kurniawan. „Etikettenschwindel: Der große Weinskandal“ ist ein sehr sehenswerter Film. Bei ihm muss einem der Spaß am Wein glücklicher Weise nicht vergehen.
„Etikettenschwindel: Der große Weinskandal“
Von Jerry Rothwell und Reuben Atlas
Dienstag 13. September 2016
arte 20:15 in Erstausstrahlung; 84 Minuten