Vor ungefähr einem Monat verunglückte der geschätzte Winzer Ulrich Franzen aus Bremm an der Mosel tödlich. Meine Gedanken dazu zu sortieren dauert einige Zeit. Details zum Tod von Ulrich Franzen spielen eigentlich keine Rolle und sind schon an anderen Stellen in ungebührlicher Geschwindigkeit verbreitet wurden. Beim fassen meiner Gedanken begleitet mich eine Flasche Bremmer Calmont vom Weingut Franzen aus dem Jahr 2007.
Erstes Glas
Das Thema Veränderung, Alterung und Vergänglichkeit ist dem Wein stark verbunden. Es gibt den berüchtigten “Babymord”, wenn ein Wein zu früh getrunken wird. Jede Flasche Wein ist auch irgendwann müde oder überaltert. Gleiches gilt für Rebstöcke. Sie müssen erzogen werden, geben anfangs kaum Wein. Ein geringes Ergebnis ist auch am Ende einer Rebe zu erkennen. Genauso wie beim Menschen gibt es da aber auch fantastische qualitativ hohe Leistungen. Die in Mode gekommenen Alten Reben zeugen hiervon.
Zweites Glas
Dieser Riesling aus dem Bremmer Calmont ist derzeit nicht in seiner besten Verfassung. Die Farbe ist wie gewohnt sehr schön voll. Allerdings macht dieser Wein gerade einen etwas schwerer zugänglichen Eindruck auf mich. Es scheint mir an einem recht typischen Formtief von guten Rieslingen zu liegen, was ca. nach zwei bis drei Jahren entstehen kann. In dieser Qualität gibt sich das aber weitere zwei Jahre später. Man kann die fruchtige Intensität bis in den Nachhall gut wahrnehmen. Nur die Säure steht da irgendwie gerade in einem Missverhältnis.
Drittes Glas
Bei einem tragischen Unfall eines bekannten und engagierten Winzers, kann man sich nicht nur Gedanken machen über Riesling und Steillagen, sondern auch über die Nachrichtenwelt im Internet. Als ich vom Unfall von Ulrich Franzen erstmals über den SWR hörte, konnte ich es nicht fassen. Als ich jedoch sah, wie diese Nachricht rasant und pietätlos von einigen Online-Journalisten verbreitet wurde, war ich angewidert. Man muss dies eben nicht drei mal als Eilnewsletter im Posteingang haben. Ein Wettlauf um eine solche Berichterstattung lässt tief blicken.
Leere Flasche Bremmer Calmont.
Gedenken an Ulrich Franzen – Was bleibt?
Mein Mitgefühl gilt in erster Linie der Familie Franzen. Trotz der Trauer ist es erfreulich, dass sie beabsichtigt, die Arbeit von Ulrich Franzen fortsetzen zu wollen. Den Steillagen-Winzern an der Mosel fehlt mit ihm ein wichtiger Mitstreiter. Auch die Montan-Union – in der sich engagierte Steillagen-Winzer unsterschiedlicher Anbaugebiete zusammengeschlossen haben – trauert um den Visionär und Pionier der Steillagen. Ulrich Franzen wird der Weinwelt fehlen.