Wie jedes Jahr werden die aktuellen Weine aus Bordeaux 2009 geballt präsentiert. Der Jahrgang erhielt extrem gute Nach-Bewertungen der Weinpäpste. Robert Parker schüttete gleich 19 mal das eigentlich unmögliche Urteil 100 von 100 Punkten aus. Das ist verkaufsfördernd und aus unserer Sicht zugleich genauso unglaubwürdig. Denn was sind 100 Punkte? Ein Traum. Anzubeten. Aber Parker scheint sich selbst viel wichtiger zu halten als die Weine. Das klingt als Widerspruch: Jedoch gerade deswegen sind diese 100 Punkte so häufig gefallen.
Der Jahrgang 2009 zeigte gerade zu eine magnetische Wirkungen auf die Besucher. So war die sehr gut organisierte Verkostung der Union des Grands Crus de Bordeaux am Rande der ProWein in Düsseldorf gerammelt voll. Der Wechsel von den sicherlich sehr schönen Rheinterrassen zur Stadthalle im Congeress-Centrum auf dem Messegelände war jedenfalls ein historischer Fortschritt (so sah es 2008 aus). Ca. 2 Stunden Messezeit sind dadurch gewonnen. Und die Stadthalle war vor der Präsentation des Jahrgangs 2009 der Union des Grands Crus de Bordeaux zuvor bei dieser Veranstaltung noch nie so gut besucht. Leider waren auch einige Chateaux noch nie so früh leer getrunken. Aber kann man mehr als 12 Flaschen erwarten?
Wir probierten quer durch die Gebiete um eine Übersicht über den Jahrgang 2009 in Bordeaux zu bekommen. Der 100-Punkte-Clinet aus der Parker Nachbewertung begeisterte viel Besucher der Veranstaltung. Leider waren die Flaschen aber schon leer, als ich zum Stand kam. Nun wollen wir uns nicht länger mit leeren Flaschen aufhalten, sondern gleich in die Verkostung des Jahrgangs 2009 aus Bordeaux einsteigen. In diesem Verkostungsprogramm ist recht wenig aus den 100 oder 99 Parker-Punkten vorhanden. Das hängt damit zusammen, dass so einige Dieser Chateaus es gar nicht nötig haben sich einem breiteren Publikum zu stellen. Außerdem geht es in dieser Verkostung des Jahrgangs 2009 nicht um die wirklichen Qualitätsspitzen. Daran kann man eigentlich keinen Jahrgang messen.
Bewertungen einiger Weine aus Bordeaux 2009
Chateau Latour-Martillac 2009
Chateau Latour-Martillac 2009 (Pessac-Leognan)
Konzentrierte dunkle Frucht in der Nase, rote Früchte und Flieder mit Leder in der 2. Nase, sehr ausgewogen am Gaumen, eingebundene Säure, in der sehr schönen Länge taucht etwas unruhig Schwarze Johannisbeere auf.
92 Punkte (90-93 Wine Spectator)
Chateau La Tour Figeac 2009 (Saint-Emilion)
Reife Brombeere in der Nase, Schwarze Johannisbeeren im Hintergrund, florale Intensität, etwas grün am Gaumen, für Saint-Emilion eher untypisch.
87 Punkte (93 Parker)
Chateau Troplong Mondot 2009
Chateau Troplong Mondot 2009 (Saint-Emilion)
Sehr dunkel im Glas, extrem duftig bis marmeladig mit dunklen reifen Kirschen in der Nase, Säure schwillt am Gaumen an und harmonisiert sich dann wieder etwas. Mal auf die Flasche geschaut: 15,5% Alkohol. Riecht man nicht. Man versteht nach der Verkostung dieses Weins, wieso er von Parker so gut bewertet wurde.
92 Punkte (94-97 Parker mit Nachbewertung 99 Parker-Punkte, 94-97 Wine Spectator)
Chateau Belgrave 2009 (Haut-Medoc)
Noch recht verschlossen in der Nase, Waldbeeren in der zweiten Nase, leicht, aber gleichgewichtig am Gaumen. Sollte man evtl. noch mal in Ruhe nachverkosten.
85 Punkte
Chateau Camensac 2009
Chateau Camensac 2009 (Haut-Medoc)
Helleres und leicht transparentes Rubinrot, schlank in der Nase, dezente Brombeere mit Vanille in der zweiten Nase, entwickelt mit mehr Luft zunehmend an Intensität, packend mit trockenem Eindruck am Gaumen.
86 Punkte (87-90 Wine Spectator)
Chateau Cantemerle 2009 (Haut-Medoc)
Dunkle Frucht mit Würze in Richtung Nelken und Muskatnuss in der Nase, rote Früchte in der zweiten Nase, rund am Gaumen mit Hagebutte.
88 Punkte (92-94 Parker, 88-91 Wine Spectator)
Chateau Citran 2009 (Haut-Medoc)
Helleres transparente Rubinrot, süßliche Frucht in der Nase mit Vanille im Hintergrund, wenig Frucht am Gaumen, schönes Taningerüst.
89 Punkte
Chateau Desmirail 2009 (Margaux)
Dunkle Waldbeeren in der Nase, Casisduftig mit ein wenig grüner Paprika in der zweiten Nase, etwas schlanker am Gaumen, Staub in der Länge.
89 Punkte
Chateau du Tertre 2009 (Margaux)
Transparentes Rubin im Glas, etwas hölzerner Duft öffnet sich mit dunklen Beeren, Pflaumen in der zweiten Nase, fest und stoffig am Gaumen, gut eingebundene Säure.
93 Punkte (90-92 Parker)
Chateau Beychevelle 2009
Chateau Beychevelle 2009 (Saint-Julien)
Dunkle Brombeeren, Würzigkeit am Gaumen unterstützt von schöner Säure, Muskatnuss in der Länge.
92 Punkte (93 Parker, 90-93 Wine Spectator)
Chateau Branaire-Ducru 2009
Chateau Branaire-Ducru 2009 (Saint-Julien)
Duftige Nase mit Brombeeren und Hagebutte, Schwarze Johannisbeeen mit Caramel in der zweiten Nase, intensive Säure, die diesem Bordeaux aber gut steht.
91 Punkte (92-95 Parker, 92-95 Wine Spectator)
Chateau Leoville Barton 2009
Chateau Leoville Barton 2009 (Saint-Julien)
Duftig rotfruchtig in der Nase, dezente Brombeeren in der zweiten Nase, eher schmale Säure, ausgewogene Länge.
90 Punkte (93-95+ Parker, 92-95 Wine Spectator)
Chateau Talbot 2009
Chateau Talbot 2009 (Saint-Julien)
Duftige Nase mit schöner Frucht, Grüne Paprika in der zweiten Nase, packende Intensität am Gaumen mit frischer Säure. Potenziel.
92 Punkte (92-94 Parker, 92-95 Wine Spectator)
Chateau Clerc Milon 2009 (Pauillac)
Duftige Nase, zweite Nase besticht durch in Frucht gut eingebundene Würze, kurz wuchtig am Gaumen, trocken, später kommt er noch mal.
88 Punkte (92 Parker, 93-96 Wine Spectator)
Chateau Lynch-Moussas 2009
Chateau Lynch-Moussas 2009 (Pauillac)
Runde Nase, Paprika und Pfeffer in der zweiten Nase, Paprika auch am Gaumen, später saftig frische Frucht.
89 Punkte (88-90 Parker, 88-91 Wine Spectator)
Was bedeutet das für den Jahrgang 2009 aus Bordeaux?
2009 ist ganz sicher einer der besten Jahrgänge in Bordeaux in der jüngeren Geschichte. Er ist frühzeitig nicht einhellig als großartig bewertet worden (wir berichteten), später wurde er zum Spitzenjahrgang. Gleichzeitig bleibt Bordeaux 2009 bezahlbar. Es sind im Schnitt sehr gute Rotweine zu einem vernünftigen Preis derzeit auf dem Markt. Manchmal sollte man – wie wir in der Verkostung – etwas abseits von großen Namen schauen. Aus meiner Sicht bringt vor allem das rechte Ufer mit seinen in der Regel jünger zu konsumierenden Weinen erschwingliche Spitzenweine hervor. Das linke Ufer der Gironde präsentiert sich fabelhaft, wird jedoch meiner Meinung nach in der eigentlichen Stärke dieser Weine aus Bordeaux – nämliche der Reife nach Lagerung – mit den Jahrgang 2009 langfristig nicht wirklich punkten können.
Unsere Punktbewertungen stehen in einem Gleichgewicht mit allen unseren anderen Bewertungen von z.B. Großen Gewächsen aus Deutschland, dem Brunello oder Vino Nobile aus der Toskana. Da wir bei weinverkostungen.de nicht wie Robert Parker und Konsorten dem Zitationszwang bei Punkten unterliegen, verständigen wir uns hier mit realistischen Bewertungen. Diese sind ehrlich und dadurch in Schnitt etwas geringer aus bei den Päpsten. Wir sind von dieser Vergabe der Punkte überzeugt und hoffen auch, dass sie glaubwürdiger ist. Da der Markt jedoch durch die großen Namen entschieden wird, haben wir uns erlaubt diese Punktbewertungen – soweit verfügbar – hinzuzufügen.
hallo thomas,
der extreme alkoholgehalt des troplong-mondot (beileibe nicht nur dieses chateau in 2009 am rechten ufer) war bei den primeurs schon erkennbar. ich bin immer noch sehr skeptisch ob der wein so lange lebt……ich glaube die 15.5% werden ihm irgendwann zum verhängnis. spätestens nach 10 jahren ab jahrgang wird er auseinanderbrechen. es reden ja alle von weniger % & eleganten weinen & schimpfen über parker & seine hohen bewertungen für wuchtbrummen……
aber wir werden es sehen.
gruss sigi
Hallo Thomas,
die vier Besten auf der Veranstaltung (meiner Meinung nach) hast Du gar nicht erwähnt:
Bordeaux
Die Union des Grand Crus de Bordeaux präsentierte den Jahrgang 2009. Insgesamt ein ganz hervorragender Jahrgang, aus dem vier der angestellten Weine herausragen. Bei den weißen Gewächsen war der Château Smith Haut Lafitte überragend. Und auch bei den roten Bordeaux konnte kein anderer Wein dem Smith Haut Lafitte das Wasser reichen – groß! Dicht dahinter sah ich Château Clinet und Château Prieuré-Lichine. Eine ganze Reihe weiterer Châteaux sind ebenfalls ganz ausgezeichnet. Für den Jahrgang 2009 kann man sich sehr gut an die Devise ‘Großer Jahrgang – Kleine Gewächse’ halten. Man bekommt bei den kleinen Gewächsen zum Teil viel Bordeaux für moderates Geld.
Mit vinophilem Gruß, Joachim
Lieber Sigi,
es ist schon erstaunlich wie viele Kritiker eine andere Meinung als Parker haben. Und gar nicht so selten sind diese anderen Meinungen ähnlich.
Lieber Joachim,
die Weißen habe ich nicht verkostet. Ich glaube auch, dass der Markt für den Weißwein Chateau Smith Haut Lafitte 2009 bei ca. 100 Euro in Deutschland recht klein ist. Wir sind einfach zu sehr von sehr guten Rieslingen verwöhnt. Den Roten wirst du kaum noch für vernunftiges Geld bekommen. Genauso wird es mit Clinet aussehen. Das Geld der Bordeaux-Spekulanten sitzt wieder locker.
Der 2009er Chateau Prieure-Lichine scheint mir erschwinglich zu sein. Den werde ich bei nächster Gelegenheit probieren. Danke für den Tipp.
Viele Grüße
Thomas
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