Der Knall der Silvesterkorken ist verklungen. Bei der eintretenden Stille kann man sich über die Entwicklung auf dem Sektmarkt einmal etwas Gedanken machen. Und zwar stellt eine aktuelle Untersuchung der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) fest, dass inzwischen mehr als jede zweite Flasche Sekt über Aktionen verkauft wird (50,7%). Vor acht Jahren war es lediglich jede dritte Flasche (2003: 32,8%). Zudem kann man beobachten, dass der Abstand zwischen Aktions- und Normalpreisen deutlich zunimmt. Bei einigen Sorten von deutschem Markensekt liegt dieser Preisabstand nicht selten bei über 30%. Bei solch einem Abstand besteht nach Ansicht einiger Beobachter die Gefahr, dass der Normalpreis nicht mehr so leicht vom Endverbraucher akzeptiert wird.
Aber es gibt auch gute Nachrichten der Welt des Sekt. So konnte 2011 die verkaufte Menge gegenüber dem Vorjahr um 3,7 Prozent gesteigert werden. Die Wertsteigerung hing mit 3,5 Prozent leicht hinterher. Das bedeutet es wurde etwas preisgünstiger verkauft als noch 2010. Ganz anders sieht es beim stillen Wein aus. Hier war ein Mengenrückgang um 2,6 Prozent zu verzeichnen. Grund hierfür sind in den recht geringen Erntemengen in Deutschland im Jahr 2010 zu sehen. Zugleich erfuhr der Weinabsatz in der Bundesrepublik einen Wertzuwachs von 1,6 Prozent. Dies kann auch als Indiz dafür gesehen werden, dass es den deutschen Weingütern gelang den Jahrgang 2010 teurer zu verkaufen.
Doch zurück zum Sekt: Der deutliche und kontinuierliche Anstieg des Anteils des Verkaufs über Aktionen ist erklärungsbedürftig. Von Seiten der Verbraucher führen offensichtlich zwei Gründe zu so einer Entwicklung. Zum einen sind Endverbraucher in den letzten Jahren wesentlich preissensibler geworden. Da hat die Wirtschafts- und Finanzkrise sicherlich ihren Beitrag zu geleistet. Sicherlich möchte man immer das Selbe einkaufen wie sein Nachbar, nur eben weniger als er dafür bezahlen. Werbekampagnen wie „Ich bin doch nicht blöd“ haben diese Einstellung auch beim Käufer von Sekt unterstützt.
Zudem möchten Kunden nicht mehr nur normale und gleich bleibende Standardsortimente. Es soll irgendetwas passieren. Dass es dann jedoch ausgerechnet der Preis ist, ist gerade bei einem so lebendigen Produkt wie Sekt schon etwas seltsam. Dies scheint doch eher eine Folge von Ideenarmut auf der Seite der Produzenten und/oder der Vermarkter zu sein. Denn Sekt im richtigen Rahmen präsentiert kann wesentlich mehr erzählen als es das häufig derzeit tut. Soll so ein lebensfrohes Produkt wie Sekt tatsächlich in diesem Ausmaß bzw. fast ausschließlich diese sehr einfachen Bedürfnisse von Endverbrauchern bedienen?
Auch deutscher Sekt könnte neue Bezüge zum Lifestyle aufbauen. Aber gerade dies hat man in den vergangenen Jahren unterlassen. Vielmehr jagte eine Niedrigpreisaktion die nächste. Nicht zuletzt setzte sich die Industrie dadurch selbst in der Erzeugung unter Preisdruck und stand in der Debatte um die Zusetzung von Kohlensäure in den Sekt recht hilflos da. Lapidar hieß es da mancherorts: Das sei eben nicht zu vermeiden, wenn man den Sekt aus dem Edelstahltank presst. Gerade diese Geschichte zeigt, dass sich vor allem die Industrie in einen Preiskampf begeben hat, der nur noch schwer zu stoppen ist.
Einen Ausstieg muss die erzeugende Industrie jedoch selbst finden. Wenn man sieht, wie gut sich Champagner in den vergangenen Jahren entwickelt hat – dabei erst die zu geringen Mengen gegen über der Nachfrage aus Asien und dann schlagartig die Herausforderungen der Weltwirtschaftskrise gemeistert wurden – oder wie Flaschengärungen über den Namen Cremant in den letzten Jahren immer beliebter wurden, kann man sich vorstellen, dass auch beim Sekt neben der Aktion einiges möglich sein könnte. Nur Einsicht und Wille fehlt. Da ruht man sich gerne auf einem Mengenwachstum aus.
Nachtrag: Bei den Daten der GfK wurde über die Jahre lediglich der Zeitraum Januar bis September berücksichtigt. Die Rabattschlachten zum Jahresende – wie sie auch 2011 zu beobachten waren – wurden in den Zahlen also nicht berücksichtigt.
Leider ist das Problem des ständig zunehmenden Verkaufs über Aktionen eine Herausforderung für fast jede Produktkategorie im deutschen Einzelhandel. Der vorgeschlagene Ausweg ist richtig und kann funktionieren.
Es bleibt nur zu hoffen, dass sich beim deutschen Sekt mehr Qualitätsbewusstsein durchsetzen kann. Viele der großen Anbieter setzen leider nur auf niedrigen Preis. Es gibt einige (für den Lebensmittelhandel viel zu kleine) Winzerbetriebe in Deutschland, die wirklich sehr guten Schaumwein erzeugen.
Tolles Blog – weiter so!
Guenter
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