Das Priorat stellte mich schon häufig vor die Frage der Trinkreife. Die konkreten Fragen lauten: Wie jung soll oder wie alt darf ein Wein sein? Sicherlich gilt im Priorat kaum etwas anderes als auf dem Rest der Welt: Ein Wein, der schon jung schlecht ist, kann in der Reife nicht viel besser sein. Das gehört in Stein gemeißelt und so manchem PR-Futzie symbolisch eine lange Nase aus Holz angeklebt, der bei grausiger Präsentation eines Weins von dessen Potenzial redet. Doch wie sieht es mit dem Priorat Montecastillo Crianza aus?
Im Glas zeigt sich eine fast schwarze Farbe, die nur am Rand rubin schimmert. In die Nase bringt der Priorat Montecastillo Crianza Brombeeren und etwas unterschwellig Alhohol, der wie bei einem guten Cognac riecht. Das ist die Folge von 14,5%, was im Priorat nicht selten ist. Der Mund ist vom Montecastillo rund umspült von dunklen Früchten. Eine gut plazierte Säure macht in diesem Priorat Crianza dosiert Druck. Am Gaumen erscheint der Wein dann dickflüssig. Dort wirkt die Brombeere schon fast überreif. Zugleich mischt sich in den mittellangen Nachhall beim Priorat Montecastillo Crianza ein etwas wässriger Eindruck, der den Rotwein davor bewahrt als überladen zu erscheinen.
Dieser Wein wurde für 5,49 Euro bei Aldi-Nord gekauft. Normalpreis des Angebotsweins Priorat Montecastillo Crianza bei Aldi-Süd war 5,99 Euro. Sein realer Wert kann mindestens bei einem doppelten Betrag angesehen werden. Es zeigt sich, dass die Discounter zunehemend neben den Klassikern St. Emilion, Chablis und Chateauneuf-du-Pape in ihren Angeboten sich auf weitere Regions-Marken ausdehen. Die derzeitigen Lagerüberhänge bieten hierfür offensichtlich eine Voraussetzung. Zudem gehen die Discounter zunehmend mit solchen Angebotsweinen unter die bisherigen Marktpreise im Fachhandel.
Priorat Montecastillo Crianza
Spanien – Priorat
Erzeuger: Bellmunt del Priorat
Inhalt: 0,75
Alkohol: 14,5%
Jahrgang: 2006
Einkaufspreis: 5,50 €
Verschluss: Naturkorken
Quelle: Discounter
P.S.: Es gibt den Trend dazu Weine von Aldi degustatorisch im Internet zu begleiten. Weinverkostungen.de macht bei solchen Geschichten nicht mit. Wir werden zukünftig Verkostungsnotizen zu Weinen aus dem Discountern – so wie beim Priorat Montecastillo Crianza geschehen – nur noch nach der Beendigung des Angebots veröffentlichen. Als Gehilfen für diesen Vertriebsweg wollen wir uns nicht andienen. Das ist eine Grundeinstellung und soll bitte nicht als Eingeständnis von Emails von erbosten Fachhändlern an uns missverstanden werden.
Da passt etwas nicht zusammen. Ich zitiere:
“… etwas unterschwellig Alhohol … wie bei einem … Cognac … mittellanger Nachhall … wässriger Eindruck” und dann “… (er kostet) 5,99 Euro. Sein realer Wert kann mindestens bei einem doppelten Betrag angesehen werden.”
12 Euro für einen alkoholischen Wein mit wässrigem Abgang. Das will für mich nicht so recht passen.
Bei diesem Priorat handelt es sich aus meiner Sicht nicht um “alkoholischen Wein mit wässrigem Abgang”. Unterschwelliger Alkohol zumal in runden Formen sind bei 14,5% nicht selten. Der etwas “wässrige Eindruck”, wie ich schrieb ist an der Stelle eher positiv und macht den Wein insgesammt dadurch in keiner Weise wässrig. Der ist nämlich eher als konzentriert zu kennzeichnen. Nur kann so etwas irgendwann auch überladen wirken.
Was den Preis betrifft, so gehe ich von marktgerechten 11 Euro aus. Da kann man gerne mal eine Preisübersicht von Weinen aus dem Priorat einschauen. Etwas Gutes unter 15 Euro zu bekommen, ist gar nicht so leicht. Ich würde mal vorschlagen 20 Weine aus zwischen 8 und 30 Euro dem Priorat einzukaufen und dann blind zu verkosten. Der Montecastillo Crianza wird aus meiner Sicht bestimmt nicht der schlechtste sein.
Die Kommentarfunktion ist deaktiviert.