Gerade bin ich bei den Reisevorbereitungen zum Weinfest am Roten Hang bei Nierstein. Eigentlich wollte ich schon immer dort hin. Schon bevor ich auf weinverkostungen.de anfing über Wein zu schreiben, interessierte mich der Rote Hang. Ich frage mich ernsthaft, wieso daraus bisher noch nichts wurde. Mit der Bekanntheit des Roten Hang geht eine gewisse Wertigkeit der Weine aus dieser Herkunft einher. Wenn man sich für deutsche Weine interessiert, ist es zudem einer der Orte, die man mal besuchen sollte. Grund dafür ist nicht nur die Farbenpracht des roten Gesteins, sondern auch die fünf (Ersten) Lagen (des VDP) Hipping und vor allem Orbel, Ölberg, Brudersberg und Pettenthal.
Zu meinen Reisevorbereitungen nehme ich mir reichlich Fachliteratur und einen Wein aus dem Gebiet zur Hand. Ehrlich gesagt bin ich auf das Weinfest im Roten Hang sehr gespannt. Denn gerade das Anbaugebiet Rheinhessen stellt für mich am stärksten ein Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne her. Nach einer alten Weisheit sollte man beim Planen einer Reise in ein Weinbaugebiet immer zwei Finger breit Wein aus der Region im Glas haben wohin die Reise geht. Nicht selten fallen wichtige Entscheidungen mit der Wahrheit die im Wein liegt. Und so nähert man sich mit dem Wein im Glas auch schon mal an die Menschen vor Ort an.
Ganz zufällig habe ich den Riesling Bodenschatz 2009 vom Weingut St. Antony. Der Zufall hat kein System. Zwar ist dieses Weingut stark im Internet aktiv (wir berichteten hier und hier), es war aber der einzige Wein, der im lokalen Handel im Münster aus dem Roten Hang verfügbar war. Es handelt sich dabei um einen Riesling QbA trocken ohne Lage oder Ortsangabe. Man hatte auch Niersteiner Riesling drauf schreiben können, da steht aber Roter Hang. Genauer: „Unserer animierender Riesling aus dem Roten Hang“, wie das Rückenetikett verrät.
Und so lasse ich mich mit diesem Riesling animieren über bisherige persönliche Einblicke über das Rotliegende an der Rheinfront nachzudenken. Schon die Bezeichnung des Bodenschatz deutet nicht auf die Unterschiede im Roten Hang hin – dies gehört unter anderem in den Lagenwein – sondern die Gemeinsamkeiten, die durch den Roten Tonschiefer, einer mehrheitlich südlichen Ausrichtung und der Steilheit von bis zu 70% entstehen.
Doch erst mal muss ich über diesen Wein selber schreiben. Der Bodenschatz vom Weingut St. Antony aus dem Jahr 2009 hat eine recht dunkle Farbe, die schon fast ins Goldgelbe geht. In die Nase bringt dieser Riesling eine reife Pfirsichfrucht. Er duftet zudem schmelzig, mit reifer Honigmelone und erscheint mir zugleich etwas altbacken. Ich habe da die Vorstellung von reifen Trauben im Hinterkopf. Am Gaumen ist die Säure ganz dezent. Zugleich wirkt die Frucht bei diesem Bodenschatz aus dem Roten Hang voluminös. Bei etwas Luftzufuhr entwickelt sich neben dem Körperreichtum eine dezente Mineralität. Saftig ist der Abgang dieses Rieslings vom Weingut St. Antony mit etwas Fruchtzuckerschwänzchen.
Bezüglich der Rieslinge aus dem Roten Hang habe schon einiges verkostet. Wenn man Tradition in eine positive und eine negative Hälfte teilt, so gibt es in Rheinhessen häufig beides. Zwar ist die Tradition hier häufig durch einen deutlich sichtbaren Bruch in sehr positive moderne Formen überführt worden (dieser Bericht über das Weingut Winter zeigt dies), es gibt jedoch auch Anschlüsse und positive Verbindungen, wie z.B. beim Weingut Groebe (hier). Spannend wie sich dies bei der geballten Verkostung der Weine des Roten Hangs gestallten wird. Immerhin sind diese vom Roten Hang e.V. nach Lagentypizität vorverkostet worden. Und wie ist Typizität ohne Tradition denkbar?
Gleichzeitig ist nicht nur in dieser Reisevorbereitung der Blick voraus angebracht, sondern auch eine kleine Rückschau und Reflexion Vergangener Einschätzungen. Ein Historiker sprach angesichts der Revisionismusdedatte einmal davon, dass die Revision vorheriger Einsichten wichtiger Teil von Erkenntnis ist. Erscheint also alles in einem anderen Licht?
Bei der Verkostung dieses Basisrieslings aus dem Roten Hang müsste ich eigentlich noch einmal über meine Bewertung der Großen Gewächse des selben Jahrgangs und des selben Weinguts (also Heyl zu Hernsheim/St. Antony) aus dem Herbst 2010 nachdenken. Schon allein die dunklere Farbe war für mich damals unzeitgemäß und daher negativ. Dies noch viel mehr, da viele der anderen Rieslinge in dieser Kategorie trotz der für das GG notwendigen Traubenreife deutlich frischer und fruchtiger erschienen. Aber soll nicht gerade ein Großes Gewächs die einzelne Lage und die örtliche Tradition wieder spiegeln? Genau das meint doch der so arg strapazierte Begriff des Terroir.
Sehen wir das Ganze so wie es ist, also positiv: Es wird im Roten Hang vor Ort die Möglichkeit geben, mehr über diese Lagen zu erfahren. Wir reisen mit einem ganzen Korb voller Fragestellungen an, die wir selbst noch nicht beantworten können. Und wo gerade über das Qualitätsgefälle in Spitzenweinverbänden gestritten wird, finde ist es spannend, wie unterschiedlich die Winzer des Roten Hangs die einzelnen Lagen dort interpretieren. Und: Wie weit sind einige relativ unbekannte Erzeuger mit ihren Rieslingen von den großen und teuren Weinen entfernt?
Weinpräsentation 2011
am 11.06. und 12.06.11 am Roten Hang in Nierstein
ab 11.00 Uhr bis Sonnenuntergang
Zwischen Himmel und Rhein, inmitten der Natur, präsentieren die Winzer vom Roten Hang eine ausgesuchte Kollektion ihrer besten Rieslinge aus den unterschiedlichen Einzellagen an verschiedenen Stationen direkt im Weinberg.
Eintritt frei
Riesling Lounge
am 11.06.11, ab 18.00 Uhr in der Fockenberghütte in Nierstein
Chillen mit Panoramablick mit DJ Chappi bei ausgesuchten Rieslingen und köstlichen Kleinigkeiten in lauer Sommernacht.
Eintritt frei
Weintafel
am 13.06.11 um 12.30 Uhr im Roten Hang, Nierstein
Inmitten des Roten Hangs serviert Eurotoques-Küchenchef Peter Heinrich vom Restaurant Platen im Rheinhotel Nierstein am Pfingstmontag ein exklusives 4-Gang Menü. Jeder Gang wird begleitet von zwei ausgesuchten Rieslingen aus dem Roten Hang, die persönlich von Winzern vom Roten Hang vorgestellt werden.
Preis: 69,00 € pro Person inkl. Menü, Weinen, Wasser und Kaffee
Anmeldung erforderlich per E-Mail über info@roter-hang.de