Es ist relativ selten, dass es Weinthemen schaffen auf eine Titelseite einer bundesweit erscheinenden Tageszeitung zu gelangen. Da muss schon ein Skandal mit irgendwelchen Panschereien her. Ganz anders bei der heutigen SZ. Diese titelte heute auf Seite 1 über vier Spalten mit: “Abschied vom Korken – Mit dem Klimawandel kommt beim Wein der Schraubverschluss”. Die Hauptthese ist, dass durch die frühe Weinernte nun vermehrt der Schrauber eingesetzt wird. Die These wird im weiteren Text auch nicht schlüssig. Ein weiterer Höhepunkt des Textes ist dann, dass von einem Schraubverschluss mit Korkeneinsatz geschrieben wird. Doch welchen Sinn macht dies? Das Korkrisiko bleibt bestehen und das metaphysische “atmen” kann so auch nicht stattfinden. Ist ein wesentlicher Grund für den Schraubverschluss nicht, dass viele Winzer und Weintrinker es satt haben Korkschmecker zu bekommen! Also nix Klimawandel, nix frühe Ernte! Da kann der Umweltverband WWF auch – wie im Artikel angesprochen – lange darüber jammern, dass die Korkeichenkulturen in Portugal und Spanien gefährdet sind. Sollen deswegen etwa die Weingenießer weiter mit Korkschmeckern geärgert werden?
Vieles ist in dem Artikel ungenau und wenig schlüssig. So wird auch der Metalleinsatz beim Schraubverschluss negativ bewertet. Denn der Wein soll “nicht mit dem Metall in Berührung” kommen. Wieso nur? Es gibt immerhin auch den Ausbau im Edelstahltank. Der Autor meint zudem, dass der Silikonkorken vollkommen ungeeignet sei: “Silikonstöpsel haben sich nicht bewährt, weil die noch unerforschten Reaktionsweisen oft unvorteilhaft verlaufen.” Ein Satz bei dem man schön stolpern kann. Man weis nix genaues, aber das unerforschte Reaktionsweisen unvorteilhaft verlaufen, genau dies weis man.
Schon merkwürdig, das so renommierte Zeitungen wie die SZ Redakteure mit solch offensichtlichen Wissenslücken auf das Weinthema loslassen. Das ist einfach schlampig und schlecht recherchiert. Herzliche Grüße, Lars.
Ich glaube das ganze hat inzwischen System. Eine gar nicht von mir aufgeführte These in dem Artikel ist auch, dass durch die Erderwärmung die Reben früher geerntet werden müssen und dadurch der Wein dann flach wird. Also: Deutscher Wein wird schlechter durch Erderwärmung. Genau das Gegenteil stand vor einem knappen Jahr im Handelsblatt: https://weinverkostungen.de/deutscher-wein-schmeckt-dank-kilmawechsel/ Beides ist genauso falsch.
Dann will ich noch an die Geschichte im Spiegel erinnern: https://weinverkostungen.de/deutscher-rotwein-boomt/ Ebenso ist die Fernsehreportage von Thomas Leif nicht zu vergessen: https://weinverkostungen.de/ist-%e2%80%9edeutscher-wein-oft-gepanscht%e2%80%9c/
Da kann man sich schon fragen, was mit den angesehenen deutschsprachigen Medien los ist. Zudem gibt es ja auch noch wesentlich komplexere Themen als Wein.
Ja, das ist beinahe zum Fürchten. Ich habe mir die SZ gestern Abend noch gekauft und den kompletten Artikel studiert. Am schlimmsten finde ich möglichen Image-Schaden für den deutschen Wein durch solch mangelhaft recherchierte und stark verallgemeinernde Aussagen. Ein Artikel auf der Titelseite dieses auflagenstarken Blattes findet leider (noch) eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit als alle Weinblogs zusammen genommen. Viele Grüße, Lars.
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