Das vorliegende Buch von Stephan Pinkert reflektiert das Konsum- und Trinkverhalten bezüglich Wein in Deutschland. Dabei macht der Autor soziologische Milieustudien nutzbar für die Analyse des Weintrinkens. Pierre Bourdieus Studien über die „feinen Unterschiede“ sind dabei wegweisend. Es entschlüsselt sich, dass Wein ein gesellschaftliches Thema ist. Die Hauptthese ist dabei, dass in jedem sozialen Milieu ein eigenes vorherrschendes Weinkonsummuster vorhanden ist. Dies hängt nicht nur von der Einkommenssituation ab, sondern ist kulturell tradiert. Zugleich sind diese Konsummuster einem ständigem Wandel unterzogen.
Es werden zehn Milieus und deren Umgang mit Wein im einzelnen vorgestellt. Dies sind: Etabliertes Milieu, Intellektuelles Milieu, Postmodernes Milieu, Traditionelle bürgerliches Milieu, Traditionelles Arbeitermileu, Adaptives Milieu, Statusorientiertes Milieu, Modernes bürgerliches Milieu, Konsum-materialistisches Milieu und Hedonistisches Milieu. Spannend ist auch zu sehen, wie in unteren Milieus versucht wird den Lebensstil erfolgreicherer Milieus zu imitieren. Dies führt häufig zu absurden Situationen, wie z.B. dass ein bestimmter Schaumwein nur getrunken wird, weil Champagner auf dem Etikett steht, nicht jedoch weil es Ausdruck eines Bedürfnisses nach Genuss ist. Gerade aber der eigene Genuss, eine Konzentration nach innen und eben nicht eine Darstellung nach außen, sind die Werte, die grundlegend sind in der gesellschaftlichen Schicht, die versucht wird zu imitieren.
Das Buch ist nicht nur graue Theorie, sondern ist immer wieder durch Anekdoten aufgelockert und wird dadurch unterhaltsam. Dabei schweift Stephan Pinkert leider manchmal etwas weit und in zum teil sehr langen Zitaten ab. Darüber hinaus vermittelt es an vielen Stellen auch Hintergrundwissen über Wein. Nicht nur aus diesen Gründen ist dieses Buch sehr lesenswert. Es entschlüsselt auch viele aktuelle Diskussionen (z.B. um Wein aus dem Discounter) und stellt diese in einen neuen Bezugsrahmen, da die Argumentationen in solchen Auseinandersetzungen in einen kulturellen Kontext einbezogen werden. Die Personengruppen die Reden und über die geredet wird werden verständlicher durch die Kenntnis über ihre Milieus. Nach der Lektüre diese Buchs hat sich das Verständnis erweitern. Und dies ist schon sehr viel, wenn man betrachtet wie viel Unfug so alles zwischen zwei Buchdeckel gepresst wird.
Stephan Pinkert: Weinmilieus – Kleine Soziologie des Weintrinkens, 195 Seiten, Lit-Verlag, Münster 2005, 24,90 Euro