Das war eine Frage der Zeit bis Supermärkte beginnen auf den Mode-Begriff Terroir zu setzten. Geschehen ist dies nun in einem Prospekt von REWE. Eine Seite darin ist überschrieben mit dem Titel “Terroir …der Boden macht den Unterschied”. In dieser Seite werden dann 5 Weine aus 4 verschiedenen Rebsorten angegeben. Das Preisniveau liegt bei 2.99 bis 5,49 Euro pro 0,75l-Fasche. Teilweise sind nicht einmal Lagennamen auf den Flaschen vermerkt. Wenn doch, sind es keine Lagen wo man ernsthaft von Terroir sprechen kann.
Der Untertitel “Der Boden macht den Unterschied” kündigt das inhaltliche Desaster eigentlich schon. Da wird Terroir nur auf den Boden reduziert. Es geht nicht um mikroklimatische Dinge, nicht um den Winzer und nicht um die Rebsorte. Man muss sich auch mal fragen wen man da eigentlich mit erreichen möchte. Leute die keine Ahnung haben? Bestimmt. Sonnst kann man ja niemande weißmachen, dass eine Großkellerei oder Winzergenossenschaft das Terroir interpretieren kann. Zudem möchte ich behaupten, dass die Rebsorte den Wein wesentlich mehr prägt, als das Anbaugebiet.
Zu diesem Anlass möchte ich noch eine kleine Anekdote schildern, die ich am Rande der diesjährigen Rieslingpräsentation des Großen Rings im VDP in Trier erlebte. So war ich gerade dabei filigrane Ruwer-Rieslinge zu verkosten, da standen am selben Tisch zwei graumelierte Herren, die sich vorkamen so richtig Ahnung von Wein zu haben. Na, die sahen eher so aus wie keinen Schimmer von nichts und alles Geld der Welt um teuer Weine zu kaufen, die dann vollkommen sinnlos herunter geschüttet werden. Und so kam das Thema auf den Modebegiff Terroir. Da sagt dann der eine zum anderen: “Also wenn du etwas über Terroir erfahren willst, musst du zum Löwenstein gehen. Der hat Ahnung davon.” Auf einer Verkostung, auf der es – teilweise sehr individuell ausgebaut – fast ausschließlich Lagenweine zu verkosten gibt, ist eine solche Äußerung nur noch peinlich. Ich habe mich da wieder schnell meinem Verkostungsprogramm gewidmet.
Wo ist das Problem? Seit Jahren benutzen deutsche Erzeuger, kleine wie grosse, bekannte und unbekannte den Begriff “Terroir” in einer unterträglich inflationären Weise – für jede Sorte, jeden Boden, jedes Mikroklima. Warum sollte eine Genossenschaft oder eine Kellerei das nicht auch können? oder dürfen? Wieso soll es nicht möglich sein auf den genannten Lagen wie Iphöfer Kalb, Bickensohler Vulkanfelsen oder am Roten Hang Terroir geprägte Weine zu produzieren? Klar sind das teilweise mulmige Preise, aber für 5.49 Euro kann man sicher einen entsprechenden Wein herstellen.
Mein Hauptproblem an dieser Geschichte ist, dass da einfach irgendwelche Weine zusammengenommen werden und dann behauptet wird, dass da irgendwelche Unterschiede durch “Terroir” entstehen. Zudem werden dann Böden geologisch beschrieben. Ich denke mir auch Terroir als Boden zu übersetzen, ist nicht ganz richtig. Zudem dann auch noch diese Moselland-Rieslinge dazu zutun – die ja nun rein gar nichts mit Terroir zu tun haben (da ist noch nicht mal eine Lage angegeben) – ist nicht richtig.
Dass man am Roten Hang hochwertige Weine machen kann, aus denen man diese Rote Erde herausschmeckt, will ich nicht bestreiten. Dies auch preisgünstig zu machen, ist sicherlich möglich. Aber bei dem konkreten Fall ist es nicht gelungen.
https://weinverkostungen.de/kendermann-winemaker-roter-hang-2005/
Bei der Geschichte wäre es doch besser gewesen von Lagen und nicht vom Terroir zu schreiben. Das wird nämlich tatsächlich verwechselt. Dass der Begriff “Terroir” auch in anderen Zusammenhängen vielfach vollkommen missverstanden benutzt wird, ist kein Grund, es nicht in diesem Einzelfall zu kritisieren. Ich hätte so eine Geschichte eher über die unterschiedlichen Rebsorten aufgezogen. Da hätte der Leser auch was von gehabt (sicher nur, wenn die Weine auch rebsortentypisch sind).
Alles richtig. Aber Fakt bleibt, dass deutsche Winzer Jahr für Jahr Tausende ihrere Produkte als Terroir-Weine anpreisen, ohne dass da auch nur ein Hauch von Terroir zu erkennen ist. Das ist der eigentliche Missbrauch des Begriffs, durch den so eine Werbung erst möglich wird. Ich kenne den Kerndermann-Riesling auch. So schlecht ist er nun auch wieder nicht. Klar ist das kein richtiger Terroir-Wein, aber das sind die meisten anderen Weine, die unter dem Signum Roter Hang vermarktet werden auch nicht. Was mich stört: wenn´s ein Winzerlein macht, wirds entschuldigt, wenns ein Fachhändler vertreibt wirds beschönigt, aber machts eine Kellerei im Verbund mit dem LEH sind das gleich die bösen Buben. Für mich: zweierlei Mass.
Ich sehe das ja gar nicht viel anders. Es ist nur so, dass gerade Kellereien und der LEH sehr groß sind und daher auch eine große Angriffsfläche bilden. Bei einem kleinen Winzer würde ich mich schwer tun, das mit Namen so zu schreiben. Bei großen und namenhaften Winzern habe ich da weniger Hemmungen. Aber das ist ja ohnehin eine Fragestellung, welche Wichtigkeit Kritik hat. Man kann ja gerade auch in einer kritischen Auseinandersetzung Weine und Winzer bekannt machen. Im Zweifelsfall kommt dies beim Leser so an, dass diese Weine oder Vermarktungsstrategien polarisieren.
Wenn man den Begriff Terroir auf den Faktor Boden beschränkt ist dies sicherlich nicht dass was man in der Weinwelt meint wenn man darüber spricht, korrekt!
Fakt ist sicherlich aber auch dass auf verschiedenen Böden unterschiedliche Weine wachsen!
Nicht korrekt hingegen ist dass der Winzer und die Rebsorte mit dem Terroir in Verbindung gebracht werden. Diese beiden Faktoren haben definitiv nichts mit Terroir zu tun!
Über das Angebot lässt sich sicher ebenso diskutieren wie über die getroffenen Auswahl, die scheint ein wenig erzwungen oder gar gekauft(?).
Die Entwicklung im LEH sich an der Vermarkungsstrategie des Fachhandels zu orientieren zeichnet sich ja schon seit einigen Jahren ab. Ich bin der Meinung dass es für die Weinbranche insgesamt nicht von Nachteil ist im LEH auch gehobene Weine anzubieten (nicht nur preislich, sondern unbedingt auch qualitativ). Das kommt der gesamten Branche zu Gute.
Warum soll es eigentlich weniger schlimm sein wenn ein kleiner Winzer den Begriff des Terroirs falsch einsetzt?
Ich würde die Aktion bewerten mit:
Der gute Wille war da, lediglich die Realisierung ist nicht optimal.
@weinnase
da bin ich nur ganz anderer Meinung. Selbstverständlich hat der Winzer und seine Handschrift, sein Stil, sein Verständnis etwas mit Terroir zu tun. Und die Sorte auch: die muss nämlich mit Boden, Mikroklima etc. zusammenpassen.
>Selbstverständlich hat der Winzer und seine Handschrift, sein Stil, sein Verständnis etwas mit Terroir zu tun. Und die Sorte auch: die muss nämlich mit Boden, Mikroklima etc. zusammenpassen.> – Korrekt, harmonisieren muss dass schon ALLES!
ABER: An anderer Stelle (http://drinktank.blogg.de/eintrag.php?id=2086) schreiben Sie selbst Ihre Präambel für Terroir nieder in Form eines Zitates von B. Jack („Wenn Terroir eine Bedeutung hat, dann liegt diese vor allem im Alter und der Struktur der Böden begründet, im Charakter ihrer Verwitterung…)
Bei http://de.wikipedia.org/wiki/Terroir wird Terroir beschriebenals
Bei wein-plus.de wird Terroir beschriebenals der Begriff für den Einfluss von Klima und Bodentyp im Zusammenspiel…>
Mit dem Begriff Terroir wird allerdings der Ursprung definiert, sprich sämtliche Standortfaktoren wie zum Beispiel Mikro- und Makrogeologie und – klimata, Ausrichtung und Wasserhaushalt des Weinberges oder einzelner Parzellen.
Die Rebsorte hat mehr oder weniger Potenzial das gegebene Terroir in den Wein zu transferieren, der Winzer kann durch den Ausbau das Terroir betonen, ergänzen oder auch in den Hintergrund drängen.
Terroir = Ursprung
@ Weinnase: Klar orientiert sich der LEH (=Lebensmitteleinzelhandel) am Fachhandel. Zugleich bieten die auch viele Weine im Diskont-Niveau an. Duchschnittlicher Verkaufspreis liegt bei 2 Euro. Die Orientierung am Fachhandel ist dann meißt eher symbolisch. Man kann sicherlich an der obigen Werbung positiv anmerken, dass dies alles preislich deutlich über dem Schnitt ist.
Zugleich bin ich beim REWE-Sortiment sehr skeptisch. Die haben in ihrer Liste kaum interessante Weine. Das hängt auch mit deren Größe zusammen. Die ca. 10 Läden, die ich von denen kenne, haben auch wenig Interessantes im Regal stehen. Und wenn dann, merkt man sehr deutlich, dass denen an Weinkompetenz fehlt (z.B. Lagerung, Haltbarkeit).
Es gibt zwei positive Erlebnisse im LEH dieses Jahr bei mir. Das eine ist die lokale Listung von Supermärkten an der Mosel (z.B. ein Erstes Gewächs bei EDEKA zu 15 Euro, zudem umfangreiche Sortierung von Lagenweinen). Zweitens: Das Engagement des belgischen Supermarktriesen Delhaize in Köln und Aachen. Ganz tolles Sortiment! Weil, Carl Loewen, Reichsgraf von Baden …
https://weinverkostungen.de/pomerol-chateau-siaurac-fur-1060-euro/
@ weinverkostungen.de
… sag ich doch: Der gute Wille war da, lediglich die Realisierung ist nicht optimal. Es gibt neben Delhaize einige weitere die ansprechende, gute Listungen haben. Dies sind dann aber weniger zentral gesteuerte Filialisten, sondern vielmehr freie “EDEKAner” oder unabhängige Einzelhändler, gerne auch mit mehreren Filialen. Siehe auch Hieber, Scheck In, zum Teil auch einige Globus…
Sicherlich ist Deutschland mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis von ca. 2,-€ nicht das Paradebeispiel für einen qualitativ anspruchsvollen Weinmarkt, aber wenn man sich die Tendenz der letzten Jahre vor Augen führt…
Anderer (ge-)wichtiger Punkt ist: Wo wird in Deutschland wie viel Prozent des Weins gekauft, wie ist die Gewichtung auf dem Absatzmarkt? Der Fachhandel spielt leider eine verschwindend geringe Rolle!
@weinnase
meine eigene Definition und mein persönliches Verständnis von Terroir ist aber viel komplexer als das Zitat von Bruce Jack. Sowohl die Beschreibungen von Wikipedia als auch die von wein-plus halte ich für nicht ausreichend. Lesen Sie meinen grossen Terroir-Essay im slow-food-Magazin und Sie werden verstehen, was ich meine. Bislang sind allerdings erst die ersten beiden Teile erschienen. Der dritte und letzte Teil erscheint erst im Juli dieses Jahres.
P.S. den wein-plus-Eintrag kenne ich nur unvollständig. Der bei wikipedia ist partiell sogar richtig falsch. terroir = z.B. nicht Gegend auf französisch. Geschichte, Herkunft, Semantik und Etymologie des Wortes werden dort nur sehr ungenügend beschrieben.
Gut recherchiert, freut mich zu sehen. Ich habe die beiden Seiten zitiert um meine Aussage zu unterstreichen.
Sie gehen also nicht von offiziellen und anerkannten Definitionen aus, sondern lediglich von Ihrer eigenen?
Man sollte in so einer Situation auch immer differenzieren zwischen der eigentlichen Bedeutung eines Wortes (linguistisch) und der branchenspezifisch anerkannten Bedeutung (inhaltlich).
Zu dem von Ihnen hochgelobten Artikel im slow-food-Magazin kann ich ja leider nichts sagen, da Sie ja nichts sagen, ausser das ich ihn lesen soll.
Na ich denke, dass das ein Problem des Begriffs Terroir ist, dass dieser nicht sauber definiert und unterschiedlich verwendet wird. Er bezieht gerade daraus seinen fast schon mystischen Reiz. Ich kenne so etwas von wissenschaftlichen Begriffen. Da gibt es auch immer Konjunkturen von bestimmten Wörtern. Und auch da ist es so, dass gerade diejenigen, die undeutlich sind, gehypt werden. Demnach liegt die Problematik hier, ganz wesentlich im Begriff Terroir selber begründet. Das ist übrigens auch ein Grund, wieso Terroir (noch) nicht im Lexikon von weinverkostungen.de auftaucht.
Das trifft es genau auf den Punkt. Bevor man über Terroir oder nicht diskutiert, muss man erst dafür sorgen dass man die gleiche Basis hat!
Aus Önologischer Sicht betrachtet hat der Begriff eine andere Definition als von einem sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus. Wenn man nun noch Herr Scheuermanns eigene Definition hinzuzieht wird es komplett konfus.
Vielleicht sollten wir uns darauf einigen dass jeder mit seiner Definition und Argumentation für sich Recht hat und auch für die Zukunft behalten kann und in den nächsten Tagen bei einem Glas “nicht-terroirisiertem” Wein aus dem nächsten Supermarkt unsere Definition überdenken?!?
Es gibt eben keine wirklich branchenspezifisch anerkannte inhaltliche Bedeutung des Begriffes, dafür viel Gerede und Geschreibe von Quasi-Fachleuten, die sich eben nicht die Mühe machen den Begriff erstmal etymologisch und semantisch abzuklopfen ehe sie versuchen seine inhaltliche Bedeutung zu erklären. Der Begriff hat im übrigen durchaus eine Wandlung in seiner Bedeutung durchlaufen. Aber lassen wir das. Da ich nicht weiss, mit wem ich hier diskutiere, möchte ich das nicht weiter vertiefen.
Wir können aber auch einen weinverkostungen.de-Terroir-Gipfel ins Leben rufen um gemeinsam eine Begriffsdefinition für das Lexikon festzulegen?
1:0 für Herr Scheuermann
Verzeihen Sie, ich vergaß mich vorzustellen und hole das hiermit nach. War nicht meine Absicht unhöflich zu sein, meine Name ist Alexander Ultes.
Ich hoffe Sie verzeihen mir meine Unhöflichkeit?
Warum sollte ich diese Arbeit ein zweites Mal machen? Und warum mit jemand, den ich nicht kenne? Sie können sich ja zunächst mal durch die Quellen lesen, die ich in dem Essay nenne und sich Ihre eigene Meinung bilden. Gewisse Kenntnisse der französischen Sprache, Latein und Altgriechisch könnten dabei hilfreich sein, da nicht alle Quellen in Übersetzungen vorliegen und gute Beziehungen zur Pariser Nationalbibliothek sollten Sie auch haben, um an alles im Original ranzukommen.
Ok, akzeptiert. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich solche fachlichen Diskussionen ungern mit anonymen Gepsrächspartner führe. Für die Viniversität und die Weinakademie habe ich im übrigen vor einiger Zeit bereits Vorlesungen zum Thema Terroir gehalten. Der Sommlierschule habe ich es auch schon angeboten, aber das ist leider nie zustande gekommen.
Entschuldigen Sie Herr Scheuermann, ich greife Sie nicht persönlich an und stelle in keinster Weise Ihre Kompetenz in Frage.
Ich habe lediglich betont dass mir Ihr Artikel nicht vorliegt und ich aus diesem Grund nicht über ihn urteilen kann, möchte und werde.
Ich achte durchaus Ihre Sprachkenntnisse und gute Beziehungen zur Pariser Nationalbibliothek die für Ihre Recherche bezüglich des Wortursprungs wohl von essentieller Bedeutung waren. Ich achte Ihr Wissen rund um dieses Thema und Ihre journalistischen Fähigkeiten. Mit diesen Fähigkeiten kann ich offen gesagt nicht glänzen, ich habe eben nur mein wenig Wissen um das Thema Wein. In diesem Thema bin ich nicht allwissend. Dafür ist das Thema zu umfassend. Ich hoffe Sie können mir in diesem Punkt zustimmen?
Herr Scheuermann, ertappt: Dieses Mal waren Sie wohl der Anonyme?
Sollen wir akzeptieren, dass zu solch einem komplexen Thema jeder eine für seinen Standpunkt korrekte Definition hat? Gibt es Maßstäbe um Terroir zu beschreiben oder gar zu messen? Ist Terroir wie Wein in einer sich wandelnden Welt überhaupt definierbar oder ist eine versuchte Definition immer nur eine Momentaufnahme?
Anmerkung zum Schluß: http://de.wikipedia.org/wiki/Mario_Scheuermann ist hoffentlich besser recherchiert als http://de.wikipedia.org/wiki/Terroir
@ Herr Günther:
Haben wir jetzt den Kommentare-Rekord schon knacken können?
Eine Entschuldigung Ihrerseits ist überflüssig, da ich mich nicht persönlich angegriffen gefühlt habe und Sie sich inzwischen vorgestellt haben und ich mir ein Bild machen konnte, mit wem ich mich hier austausche.
Was meine Arbeit zum Thema Terroir betrifft wird sich nach dem vollständigen Erscheinen sicher eine Möglichkeit finden lassen, sie auch allgemein zugänglich zu machen.
Ich erwarte die Information wann und wo man Ihre Abhandlung zum Thema Terroir en detail nachlesen kann mit großer Spannung!
…oder sogar ein handsigniertes Original?
@ Herr Ultes
Der biographische Eintrag zu meiner person bei Wikipedia ist in dieser Form korrekt, was man vom Terroir-Eintrag leider nicht behaupten kann. Der Zusammenhang mit dem Weinbau ist z.B. sehr viel älter als dort dargestellt.
Mag sein, kann ich zur Zeit nicht beurteilen. Ich vertraue Ihrer Aussage einfach mal. Die schreiben von den 1920ern, dass erscheint mir allerdings auch deutlich zu jung!
Seit wann ist der Begriff bei uns eigentlich so richtig in Mode gekommen? 6-8 Jahre?
@ Thomas Günther:
Haben Sie die Weine denn auch gekauft um uns Ihre Beurteilung der jeweiligen Terroirs mitzuteilen?
Also in der Ausgabe 1654 des Wörterbuchs der Académie francaise steht schon “Le terroir de la Bourgogne est bon pour les vins”. Die älteste Fundstelle, die ich derzeit kenne, datiert auf das Jahr 1198.
Bei uns kam der Begriff als Fachterminus so ab den 1970er/1980er Jahren auf allerdings (noch) nicht in Mode. Das ist tatsächlich erst seit sechs bis acht Jahren der Fall.
Na, das ist ja mal ein Kommentarmarathon – lohnt sich bei dem schwammigen Gebrauch des Begriffes aber auch. Ich beschäftige mich häufig mit dem Übersetzen von weinspezifischen Texten aus dem Französischen ins Deutsche und spolpere natürlich ständig über diesen Begriff und vor allem über seinen unsauberen Gebrauch auch in Frankreich, wo er für ungefähr alles herhalten muss, mal Boden, mal Untergrund, mal einfach Gegend, im günstigsten Fall, das, was man mit Lage übersetzen kann – jeder benutzt es mit seiner Soße.
Über die Ethymologie findet man ja schon recht gute Auskünfte selbst in einem einfachen ethymologischen dictionnaire der langue francaise – da wird ja auch schon auf die lange Zeit übliche gleichzeitige Verwendung für territoire hingewiesen, die sicher in einigen Quellen zu Verwechslungen geführt hat.
Aber die Wikipädia-Schelte finde ich etwas übertrieben, immerhin findet man dort als empfohlene Quelle den Hinweis auf den meiner Meinung nach guten Beitrag von Ernesto Pauli:
http://www.ernestopauli.ch/wein/Weinbau/Terroir.htm
der die einzelnen, zusammenwirkenden Faktoren meiner (bescheidenen Winzer)-Meinung nach recht gut zusammenfasst und dann mit dem schönen Satz endet:
“Über lange Zeit betrachtet muss also Wilson und Scheuermann recht erhalten: Der Begriff Terroir hat schlussendlich auch etwas mit Freude, Schmerz, Stolz, Schweiss, Fleiss, Einsatz und Rückschlägen der beteiligten Menschen zu tun.”
wobei ich Terroirweine, die zu 3 € verramscht werden, unter die Rückschläge zählen würde:-)
Ps: schön, das der Name hinter dem Pseudonym “Weinnase” aufgeklärt wurde, als Kenner deutscher Weinforen und der dort sonst unter diesem Namen bekannten Person, war ich vom Stil der Beiträge sehr überrascht und fast irritiert: die echte “Weinnase” hat nämlich einen unverwechselbaren “gout du terroir”:-), dagegen ist Alexander Ultes (und das soll weder Kritik noch Angriff sein!) klingt dagegen wie ein Bordeaux nach der Intervention von Rolland… nicht schlecht, aber auch nicht mehr wirklich unverwechselbar…
@weinnase in Kommentar 16:
Ich könnte mich natürlich an einer Begriffsdefnition von Terroir versuchen. Ich denke jedoch, dass dieses Medium hier nicht die Kraft hat, eine Definition zu setzen. Das ist ja das eigentliche Problem: Eine Allgemeingültigkeit – das heißt anerkannte gleiche oder zumindest sehr ähnliche Verwendung – zu erreichen.
Ich würde diesen Begriff auch sehr weit fassen und historisch-kulturelle Dimensionen mit einbeziehen. Weinberge sind durch Meschen entstanden: Z.B. wurde der Erdener Prälat / das Erdener Treppchen von knapp 2000 Jahren von den Römern angelegt. Der Batterieberg entstand durch Sprengungen und am Kaiserstuhl gab es sehr viele Bodenbewegungen durch Menschen. Also Terroir immer nur als etwas natürliches zu sehen, ohne das historische menschliche Handeln mit einzubeziehen, greift etwas kurz.
Da möchte ich auch mal die These aufstellen, dass der Terroir-Boom etwas mit dem Öko-Boom zu tun hat. Alles steht im Schein einer Natürlichkeit.
Ich denke mir, man sollte aber auch den Winzer bei der Erzeigung von Terroirweinen mit einbeziehen. Schließlich gehören Ertragsreduzierung und die Schmeckbarkeit eines Lagencharakters zusammen. Viele Aktivitäten des Winzers führen erst dazu, dass Terroir schmeckbar ist. Auch wenn nicht jede Lage für so etwas taugt.
@weinnase in Kommentar 22:
Mich freut natürlich Lebendigkeit in den Beiträgen. Das ist jedoch erst Platz zwei der meisten Kommentare. Wobei man auch dazu sagen muss, dass beim ersten Platz 31 verschiedene Kommentierer etwas geschrieben haben. Hier sind es bislang
dreivier (wobei einvierterfünfter schon aufgrund formaler Kriterien nicht durch die Moderation kam).@weinnase in Kommentar 28:
Bin mir nicht sicher ob ich dies machen sollte. Ich habe ja auch gerne Spaß bei Verkostungen. Evtl. sind der Silvaner aus Franken und der Grauburgunder aus Baden Kandidaten. Dazu müssen sie aber auch in den jeweiligen Läden verfügbar sein. Das war in dem Laden, in dem ich gestern war, nicht so.
@ Iris:
Bis eben wusste ich gar nicht dass ich jemand anderem das Pseudonym entwendet habe…
Schreibe ab sofort nicht mehr unter Weinnase! Sie haben zwar keine Kritik an mir geübt, ich hingegen kritisiere Sie schon ein wenig: Da wir uns meines Wissens nach nicht kenne sollten Sie nicht über mich urteilen (dagegen ist Alexander Ultes (…)wie ein Bordeaux nach der Intervention von Rolland… nicht schlecht, aber auch nicht mehr wirklich unverwechselbar…)
Ich reduziere Terroir ja auch nicht auf:
Ausdruck aus dem Französischen für Boden und Klima als ökologisches Ganzes.
@ weinverkostungen.de:
Verkostungen sollten nach Möglichkeit Spaß machen, manchmal muss man sich aber auch aufopfern!
Alexander, ganz richtig bemerkt, das sollte keine Kritik sein, aber wer je die ganz besondere Prosa der Weinnase aus Düsseldorf gelesen hat, wird meinen Vergleich verstehen – da weiß man sofort in Form und Inhalt, wer schreibt (ein echtes Terroir-Produkt – ob man’s dann liebt oder hasst, steht auf einem anderen Blatt:-) – bei den meisten Blog- und Komentarschreibern (mich eingenommen), fiele es ohne den Namen oder das Pseudonym zumindest von der Form her wohl eher schwer, den Verfasser sozusagen in der “Blindverkostung” zu erkennen.
Abgesehen davon: was haben Sie gegen die Weine des flying winemakers, wenn Sie den Vergleich als Kritik auffassen – sie werden ja meist eher als Beweis für die Dominanz von menschlichem Einfluss über das Terroir eingestuft (und durchaus am Markt geschätzt).
Um aber auf das eigentliche Thema zurückzukommen: ich stimme Thomas schon zu, dass der Begriff durch den unbedarften Gebrauch – wie eben hier auch in dem von ihm zitierten Beispiel – verwässert und entwertet wird.
Wenn man den Clos Vougeot als Paradebeispiel eines vom Menschen geschaffenen Terroirs betrachtet und so den Begriff in einer umfassenderen Definition als der “Boden, Mikroklima Ausrichtung” Trias benutzt (was ich persönlich begrüße), wird einem klar, s.o., dass diese Voraussetzungen bei Weinen aus dem Billigsegment wohl kaum anzutreffen sein dürften – aber da argumentiere ich natürlich auch als Winzerin und nicht als Einkäuferin einer Großhandelskette…
@ Iris:
Werden demnach “Weine aus dem Billigsegment” nicht von “Boden, Mikroklima und Ausrichtung” beeinflußt?
Habe ich als ehemaliger Mitarbeiter einer Großhandelskette demnach keinen Qualitätsanspruch? (oder habe ich ihren letzten Wink falsch interpretiert?)
Durch die Aussage “was ich persönlich begrüße” treffen Sie doch den Nagel auf den Punkt. Es gibt nicht eine Antwort, kein richtig und falsch auf die Frage “Was ist Terroir?” – Jeder hat seine Definition hierzu!
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