In den vergangenen Tagen besuchten wir eine Verkostung von Winzerchampagner in Köln. Das Excelsior Hotel Ernst war hierfür die passende Kulisse. Champagner kennt man auf dem deutschen Markt häufig als Markenchampagner. Wenn man eine Umfrage auf der Straße machen würde, welche Farbe einen Champagnerflasche hat, so würde orange ganz weit oben liegen. Die Trauben werden bei solchen Marken selten von den Champagnerhäusern selbst angebaut. Böse Zungen sprechen hierbei sogar von Industriechampagner. Ziel dabei ist es, mit dem Standard-Brut ein immer wieder gleiches Geschmacksbild zu erzeugen. Das hat sicherlich seinen festen Kundenstamm. Neben diesen Champagnern der großen Erzeuger sind die Facetten bei Winzerchampagner sehr vielfältig.
Diese Vielfalt beim Champagner der Winzer ist offensichtlich. Sie sind örtlich in einer der vier Regionen gebunden und bauen nur in einem Bereich der Champagne an. Das ist ein augenfälliger Unterschied zu vielen der bekannten Marken. Das normale Brut-Cuvee ist nämlich in der Regel ein Verschnitt von Rebsorten und Gebieten. Bei den Champagnern der Winzer stehen hingegen die einzelnen Regionen, die dort vorhandenen Rebsorten und Böden und nicht zuletzt die Persönlichkeiten der Winzer selbst im Mittelpunkt.
Nach einer Begrüßung durch die Präsidentin des Verbandes der Winzer stellte der Champagner-Experte Sascha Speicher die teilnehmenden Betriebe mit je einen Champagner vor. Uns haben einige Schaumweine in der freien Verkostung bei der Präsentation in Köln von drei Winzern besonders begeistert. Von diesen möchten wir im Folgenden berichten. Es handelt sich um einen Champagner vorwiegend aus den roten Rebsorten, um klassische Cuvee und auch Blanc de Blancs, also reinem Chardonnay. Die Anbaufläche der drei genannten Betriebe reicht von übersichtlichen 5 bis 17 Hektar.
Einen eher größeren Betrieb unter den kleinen Champagner-Winzern leitet Sandrine Olivier. Wie einige andere bekannte und weniger bekannte Erzeuger führt er eine Witwe im Namen. Er wurde 1955 von der Großmutter der heutigen Inhaberin als Veuve Olivier & Fils bezeichnet. In dem Gebiet Valle de la Marne werden alle drei typischen Rebsorten des Champagners angebaut. Entsprechend umfangreich ist die Palette der produzierten Schaumweine. Sie reicht von einem typischen Brut, der hier als Carte Dór bezeichnet wird, bis zum edlen und lange gereiften Cuvee de la Cachotte.
Begonnen haben wir die Verkostung bei Veuve Olivier & Fils mit dem Cuvee Vieille Reserve. Dieser besteht aus je einem Drittel Chardonnay, Pinot Meunier und Pinot Noir. Die Reben haben ein Alter von durchschnittlich 35 Jahren. In den aktuellen Cuvee Vieille Reserve werden Weine aus den Jahren 2006 und 2007 nach 4 Jahren Hefelagerung verwendet. Man nutzt diese unterschiedlichen Jahrgänge beim Champagner häufig um Jahrgangsschwankungen auszugleichen. Das ist beim Winzerchampagner noch viel bedeutender als bei den großen Champagnerhäusern. Denn hier kann man jahrgangsspezifisch unterschiedliche Traubenbeschaffenheit nicht durch den Zukauf und eine Assamblage mit anderen Gebieten der Champagne ausgleichen.
Das Cuvee Vieille Reserve von Veuve Olivier & Fils zeigt sich Goldgelb im Glas. In der Nase ist eine leicht überreife Ananas. Die zweite Nase offenbart etwas holzige Vanille. Das Cuvee ist harmonisch am Gaumen und bringt eine schöne Frische in der Länge. Weiterhin probierten wir zwei Rose von Veuve Olivier & Fils. Der normale Brut Rose ist lachsfarben und klassisch frisch. Er besteht aus roten und weißen Rebsorten. Der Rose de Saignee hingegen wird nur aus den roten Reben erzeugt (2/3 Pinot Meunier und 1/3 Pinot Noir). Im Glas präsentiert er sich in einer kräftigen Himbeerfarbe. Die Maischestandzeit variiert jedes Mal etwas zwischen 10 bis 14 Stunden, berichtet Sandrine Olivier. Sie endet immer dann, wenn diese schöne Farbe erreicht wird. Auch am Gaumen ist der Rose de Saignee von Veuve Olivier & Fils eindrucksvoll. Er bringt einen sehr schönen Cranberryton an den Gaumen. Zum unbeschwerten Genießen ist sicherlich der Brut Rose zu empfehlen. Imposant hingegen ist der Rose de Saignee.
Auch der vierte Champagner, den wir bei Veuve Olivier & Fils probieren, hinterlässt einen positiven und bleibenden Eindruck. Dabei handelt es sich um das Cuvee de la Cachotte. Der Begriff ist für diesen Champagner deutlich untertrieben. So handelt es sich bei einer Cachotte um eine schlichte Hütte in der man sich in den Weinbergen unterstell kann. Häufig war das auch ein Geräteschuppen. Das aktuelle Cuvee de la Cachotte stammt aus den Jahrgang 2005. Es gibt ihn jedoch nicht jedes Jahr. Im Cuvee de la Cachotte wird ausschließlich Chardonnay verwendet. Die Grundweine sind ein Jahr lang in Eichenholzfass ausgebaut worden.
Dieser Champagner von Veuve Olivier & Fils zeigt sich in einem kräftigen Goldgelb. In der Nase sind kräftige bis nussige Aromen, die durch Vanille und Karamell schön zusammen gehalten werden. Dezent sind Veilchen zu reichen. Am Gaumen zeigt das Cuvee de la Cachotte eine lange und komplexe Intensität. Zugleich erfrischt er auch. Für Kenner traditioneller Champagner wird dieses Cuvee von Veuve Olivier & Fils ein großer Genuss sein.
Kommen wir zu dem zweiten Betrieb. Das Weingut Champagne Lelarge-Pugeot existiert mit dieser Bezeichnung seit 1987. Die Vorfahren erzeugten jedoch schon im 18. Jahrhundert Champagner im Gebiet Montagne de Reims. Seit einiger Zeit nutzt man bei Lelarge-Pugeot auch die Methoden des biologischen Landbaus. Hier probieren wir eines der Spitzenprodukte mit dem Namen Brut Reserve Premier Cru. Er besteht vorwiegend aus den roten Rebsorten mit einem Schwerpunkt auf Pinot Meunier (65%). Dieser Champagner zeigt sich in einem hellen Goldgelb im Glas. Er ist fast schon gemüsig in der Nase. Kandierte Früchte zeigen sich in der zweiten Nase. Der Gaumen ist beim Brut Reserve Premier Cru von einer sehr ausgewogenen runden Frucht geprägt. In der Länge zeigen sich bei diesem Champagner von Lelarge-Pugeot ganz feine Vanillenoten.
Als dritte Empfehlung möchten wir hier einen wirklichen Höhepunkt der Verkostung präsentieren. Dabei handelt es sich um den Clos Jacquin von Pierre Callot. Das 5 Hektar große Weingut wird seit 1996 von Thierry Callot in der sechsten Generation bewirtschaftet. Wie im Bereich Cote des Blancs üblich werden hier nur Chardonnay auf den Kreideböden angebaut. Zuerst probierten wir jedoch den Brut Blanc de Blanc. Dieser ist strohgelb mit einer schönen Litchienase. Am Gaumen ist dieser Champagner eher leicht und beschwingt. Er ist unkompliziert trinkbar und wird sicherlich auch beim zweiten Glas unangestrengt Spass machen.
Ganz anders ist der Millesime 2004 von Champagne Pierre Callot & Fils. Dieser ist wesentlich komplexer und recht kräutrig am Gaumen. Doch – wie schon erwähnt – die eigentliche Empfehlung von dieser Veranstaltung ist der Clos Jacquin von Champagne Pierre Callot & Fils. Schade, dass hiervon nur 1.500 Flaschen verfügbar sind. Dieser Champagner ist strohgelb im Glas. In der Nase ist eine fruchtige Birne mit Kräutern. Beschwingt gestaltet sich der Gaumen mit einer frischen Säure und Blutorangen. Hervorragend, wie bei dem Clos Jacquin von Champagne Pierre Callot & Fils eine schöne Kombination aus Kraft/Intensität und Frische entsteht. Ein Top-Champagner, der preislich deutlich unter seinem Wert angeboten wird.