Diese Runde der Weinrallye mit dem Thema Weingeschichte(n) wurde von Anja Kircher ausgerufen (leider nicht mehr online). Wie man so häufig sagt, liegen die besten Geschichten auf der Straße. Und eine solche führt mich bei dieser Rallye auf der D117 durch das Agly-Tal zwischen Saint-Paul-de-Fenouillet und Perpignan. Das ist natürlich in Frankreich in der Weinregion Roussillon. Wie so häufig ist das Weintal nach einem Fluss benannt. Der Agly entspringt im Corbieres, schlängelt sich durch das östliche Ende der Pyrenäen um dann ins Mittelmeer zu münden.
Wie der Name des nun zu verkostenden Rotweins schon sagt, ist dieser auch als Bio zertifiziert. Ein großer Teil der Produktion von Biowein ist in Frankreich im Languedoc und in Roussillon beheimatet. Das ist nicht nur eine Frage von Überzeugungen. Der Weinbau für biologische Trauben ist fast nirgendwo auf der Erde so einfach wie in Südfrankreich. Hier bestehen dafür ideale klimatische Bedingungen.
Das Agly-Tal ist von drei Gesteinsorten geprägt. Zum einen ist es bekannt für sehr reine Kreide. Diese wird noch immer in Steinbrüchen abgebaut. Zum zweiten gibt es hier Schiefer und Sandstein. Der Rotwein Agly Bio besteht aus den für das Roussillon typischen Rebesorten Syrah und Grenache. Er ist zudem als Reserve gekennzeichnet, was auf einen Holzausbau hinweisen müsste. Als 2016er kann der aber nicht sehr lange gewesen sein.
Ugly Bio oder was?
Der Agly Bio stammt von den Vignerons Catalanes. Ich hatte schon einmal versucht einen Überblick über deren Sortiment zu gelangen. Das ist kaum möglich. Hier herrscht eine bunte Vielfallt und nicht mal deren Internetseite listet alle Weine auf. Die Genossenschaft Vignerons Catalanes wurde 1964 gegründet. Für meinen Geschmack sind die jetzt schon etwas groß geworden. Aber inzwischen gibt es gerade in Frankreich viele mengenmäßig große Erzeuger mit zum Teil hervorragenden Weinen in der Flasche.
Doch nun zu dem Wein selber. Der Agly Bio Reserve aus dem Jahr 2016 zeigt sich in einem leuchtenden Rubinrot mit violettem Rand im Glas. In der Nase sind Himbeeren mit Brombeeren. Etwas eingekocht wirkt Cassis im Hintergrund. Seine 14,5 % riecht man auch etwas. Am Gaumen wirkt dieser Rotwein aus dem Roussillon sehr schön rund und harmonisch mit dezenter Würze. Das Mundgefühl ist weich bei ausgewogener Frucht und Frische, die den Trinkfluss bringt. Der Nachhall ist mittellang. Bei einem Preis von unter 7 Euro bekommt man hier sehr viel Spaß ins Glas. Dieser Rotwein ist zudem noch vegan. Nicht dass ich dem irgendeine Bedeutung zukommen lassen würde. Aber manchen ist so etwas ja wichtig.
Agly Bio und Ugly Unbio – Wo ist die Geschichte?
Nun kann man sich zurecht fragen, wo hier die Geschichte für die Weinrallye ist. Mir geht es um Weinbaugeschichte. Vor 150 Jahren war fast alles in der Landwirschaft Bio. Das Aufkommen des Begriffs Naturwein in Deutschland vor ca. 100 Jahren verweist auf erstmals kritisch betrachtete Techniken im Wein. Man kann diese Technikkritik mit dem Ende der Belle Epoque zusammen treffen sehen. Der Untergang der Titanic spielt hier sicherlich auch eine Rolle. Es geht um das Ende einer zuvor nur positiv gedachten Naturbeherschung durch menschliche Technik.
Die Naturnachbildungen in den Stahlgerüsten der Belle Epoque verspachen eine wiederspruchsfreie gute Zukunft. Jedoch dauerte es Jahrzehnte bis sich der erste Bruch dieser Vorstellung in einen Gedanken von biologischer Erzeugung von Lebensmitteln und Wein übersetzte. Für Deutschland kann man hierfür die 1980er Jahre als bedeutend ansehen. Und heute? Das Segment Biowein wächst weiter. Man könnte dieses Wachstum interpolieren und für die nahe Zukunft voraussagen, dass es nur noch Biowein geben wird. Ich denke eher, dass dieser Bereich sich einem Zielwert nähert.
Schöne Fotos aus dem Agly-Tal gibt es übrigens in diesem Blog.
Domaine Agly Bio Reserve
Frankreich – Cotes du Roussillon Villages AOP
Inhalt: 0,75
Alkohol: 14,5 %
Jahrgang: 2016
Preis: 6,80 Euro
Verschluss: Presskorken
EAN 3233960056733