Bei dieser Weinrallye wollte ich auf jeden Fall mitmachen. Es geht um Vorurteile. Ausgerufen wurde diese Runde von Torsten Hammer vom Priorat Hammer. Entstanden ist sie durch eine Diskussion im sozialen Netzwerk mit dem blauen Logo um Dornfelder und Trollinger. Mit Vorurteilen ist diese Weinwelt jedenfalls gut bestückt. Ich will mich hier gleich mit zweien davon beschäftigen. Beide bröckeln doch recht stark. Somit meine ich ein leichtes Spiel zu haben. Das eine ist der Bocksbeutel. Das andere die Rebsorte Müller-Thurgau.
Doch zuvor: Was sind eigentlich Vorurteile? Ihr Ruf ist äußerst schlecht. Wie der Name schon sagt, ist es ein Urteil, welches gefällt wird, bevor etwas wirklich geprüft ist. Es handelt sich dabei häufig um eine Verallgemeinerung aufgrund ähnlicher Erfahrungen. Das ist für die menschliche Geschichte jedoch notwendig. Es kann nicht alles immer im Detail geprüft werden. Und wenn zwei rote Pilze mit weißen Flecken giftig sind, ist es besser nicht weiter zu probieren. Problematisch ist es nur, wenn auf einer etwas dünnen Datenbasis verallgemeinert wird. Oder wenn Dinge völlig zu Unrecht in Verruf geraten.
Ist der Bocksbeutel hausbacken?
Dafür ist der Bocksbeutel ein gutes Beispiel. Er galt lange als hausbacken. Eventuell waren das auch einige Weine in diesen seltsamen Flaschen. Über die Entstehung des Namens gibt es auch zwei unterschiedliche Geschichten. Viele Weingüter in Franken schwenkten auf die Bordeaux-Flasche um. Eigentlich gibt es bei jüngeren Weinkonsumenten schon seit Jahren eine deutliche Gegenbewegung. Vielmehr hat man erkannt, dass im globalen Wettbewerb regionale Zuordnung immer wichtiger wird. Das gilt nicht nur für die örtliche Vermarktung und Identität. Auch das Image einer Region sollte deutlich werden.
Das ist für mich in Franken der Bocksbeutel und darin ein Weißwein. Idealer Weise sollte dies ein Silvaner oder Riesling sein. Aber auch die Scheurebe und der Weißburgunder ist hier anzutreffen. Und eben der Müller-Thurgau. Bei dieser Rebsorte mit häufig recht billigen Weinen habe ich auch begonnen zu vereinfachen: Flache belanglose Weine ohne Spannung und Ausdruck. Ein Müller-Thurgau war aus meiner Sicht lange Zeit – mit wenigen Ausnahmen – uninteressant. Ich habe in den 13 vergangenen Jahren dieses Weinblogs nur zwei Weine der Rebsorte Müller-Thurgau verkostet. Dabei hat mir nur dieser eine aus Sachsen aus dem Jahr 2007 gefallen. Der hat aber damals schon 13,50 Euro gekostet.
Doch das Bild dreht sich. Es ist sicherlich nicht so, dass nun plötzlich jeder Müller-Thurgau gut oder irgendwie interessant ist. Doch es gibt immer mehr davon. Einen habe ich nun zur Verkostung angestellt. Dieser stammt vom Weingut Augustin aus Sulzfeld. Ich habe schon einmal einen Silvaner von diesem Weingut hier anlässlich der Auszeichnung als „Entdeckung des Jahres“ im Gault Millau hier verkostet. Hier auch noch ein Interview mit Arno Augustin von damals.
Weingut Augustin Franken Bocksbeutel Connection DER MÜLLER verkostet
Über die neue Bocksbeutel-Flasche könnte man einmal diskutieren. Da scheiden sich die Geister. Ich denke es ist jedoch eine Frage der Gewöhnung. Nun knackt jedoch der Schrauber. Im Glas zeigt sich der Müller vom Weingut in einem kräftigeren Strohgelb. In der Nase ist bei diesem Weißwein aus 2015 reifer Pfirsich mit etwas Ananas. In der zweiten Nase habe ich Rosinen. Das Ganze ist duftig, wirkt aber nicht billig parfümiert wie bei den kritischen Vertretern dieser Rebsorte. Was mir an dem Wein gefällt? Er bringt eine dezente Würze und eine erfrischende Säure an den Gaumen. Dabei entsteht eine Spannung. Eine vielschichtige Aprikosenaromatik begleitet eine schöne und harmonische Länge. Der Wein mach bei 7,50 Euro richtig Spaß. Das ist DER MÜLLER!
Das war es. Die Rallye war gestern. Ich bin also zu spät. Schon wieder. Hoffentlich entwickelt sich daraus kein Vorurteil. Die Zusammenfassung gibt es jedenfalls schon hier beim Priorat Hammer. Und noch eine Zusammenfassung beim Mitinitiator Gottfried Stutz. Oh, das Thema war eingentlich “Vorurteile ZurechtStutzen”. Ham wa jemacht.
Weingut Augustin
Der Müller
Müller-Thurgau trocken
Deutschland – Franken
Inhalt: 0,75
Alkohol: 13,5 %
Jahrgang: 2015
AP-Nr: 486 026 16
Verschluss: Schrauber
EAN: 4260406540074