… wo die Sonne verstaubt. Ist es besser. Also in Bochum und auch Hattingen. Mit etwas Regen und klarer Sonne. Hier traf sich vorgestern das Exekutivkomitee der Gruppe Hauptsache Wein. Ungefähr 50 aus 10.000. Zwei Tage mit vielen Begegnungen. Einige der Teilnehmer kenne ich real schon über 10 Jahre. Andere kenne ich digital genauso lange, habe die aber noch nie zuvor gesehen. Das zweitägige Treffen wurde von der Weingruppe Porto Bocho sehr gut organisiert. Euch vielen Dank! Es folgt eine Chronologie der Ereignisse in drei Akten.
1. Five Pop Up
Am Freitag war der Bratwurststand im Bermuda3eck in Bochum als Treffpunkt avisiert. Aufgrund einiger Regentropfen ging es dann gleich weiter ins Five. Dieses war zum Gruppentreffen von Hauptsache Wein zur Popup-Weinbar umgestaltet worden. Die Weinliste war unglaublich lang und mit vielen Größen vor allem aus deutschen Landen quer durch die Anbauregionen bestückt. Das Treffen war ungezwungen und auch viele der unbekannten Gesichter blieben dies bei heiterer Stimmung nicht lange.
Hier gab es zudem einiges zu lachen (Sorry sieht auf dem Bild etwas anders aus – falscher Moment). Auch wegen dem Keller.
Der Joh. Jos. Prüm aus dem Graacher Himmelreich hatte mir sehr gut gefallen. Präzision im Ausdruck, Handwerkskunst, verständliche und lokal zuordnungsbare Tradition. Und es war auch wegen Riesling Kabinett schon eine gute Einstimmung für das große Bratwurstessen am Folgetag. Dieser Weinstil sollte ohnehin als UNESCO-Weltkulturerbe gelten.
Einige Verkostungsergebnisse.
2. Currywurst-Kabinett-Competition
„Geste ine Stadt, wat macht dich da satt? Ne Currywurst. Ach gebnse mal zwei.“ Und für meinen Weinfreund noch eine dabei. Und noch einen Riesling Kabinett dazu. Jedenfalls wenn man mit diesen Leuten unterwegs ist. Die Kombination von Riesling Kabinett und Currywurst ist eigentlich gar nicht so provokant, wie es zuerst klingt. Bei der Currywurst ist – wie der Name schon sagt – Curry der Hauptgeschmacksträger. Zu einem indischen Curry gibt es zwei klassische Weinempfehlungen: Gewürztraminer (Südtirol oder Elsass mit etwas Restsüße) und eben einen Riesling Kabinett. Am liebsten in der historisch bekannten Version von der Mosel. Der Restzucker nimmt die Schärfe etwas zurück und die Frucht spielt mit den Aromen der Speise. Problemfelder können im Bereich TomateXSäure oder SchärfeXAlkohol liegen. Soweit die Theorie. Nun zur Praxis.
1. Gang
Riesling Kabinett Immich-Batterieberg (Mosel) wirkt recht frisch und schlank zur Currywurst.
2. Gang
Riesling Kabinett Nik Weis Bockstein (Mosel) – eine meiner Lieblingslagen – passt gut zur Currywurst.
3. Gang
Riesling Kabinett Joh. Jos. Prüm Graacher Himmelreich 2012 (Mosel) ist eigentlich etwas zu gut für diese Currywurst. Schmecken tut es trotzdem.
Es gab Abtrünnige. Ein Verräter der Bochumer Currywurst mit einem amerikanischen Burger mit Speck. Sieht trotzdem sehr lecker aus. Doch es geht weiter im Programm.
4. Gang
Riesling Kabinett Haart Goldtröpfchen (Mosel) wirkt hier recht beschwingt fruchtig mit der Currywurst.
5. Gang
Riesling Kabinett Günther Steinmetz Braunberger Juffer 2105 (Mosel) präsentierte sich mit der Currywurst erstaunlich medizinal.
6. Gang
Riesling Kabinett von Othegraven Kupp 2015 (Mosel) empfand ich als angenehm frisch und fruchtig.
3. Dinner in Diergardt’s Kühler Grund als Gruppentreffen von Hauptsache Wein
Als wäre man nach 6x Currywurst mit Riesling Kabinett von der Mosel nicht schon satt und stramm genug, ging es zum eigentlichen Gruppentreffen von Hauptsache Wein. Da gab es ein Flying Dinner in elf Punkten. Dazu hatte jeder mindestens eine Flasche hervorragenden Wein mitgebracht. Teilweise konnte man blass werden. Doch schnell zum Essen: Ich fand die auf Rügen gereifte Salami genial. Ich mache an der Ostsee in der Nähe jedes Jahr eine Woche Urlaub. Diese Salami brachte mir schon mal einen kleinen, feinen und so schönen Vorgeschmack.
Hier einzelne Weine hervorzuheben wird der Veranstaltung nicht wirklich gerecht. Und ein echtes Thema ist für mich das Matching von Wein und dem Essen. Das ist wichtiger als große Namen auf dem Etikett. Zum Essen: Das „Frikassé von Pintadin (keines Perlhuhn) & Kalbsbries“ war etwas Understatement. Der Spargel „Primavera“ war auch sehr lecker. „Unser Senfei“ eher seltsam. Er ließ jedenfalls an meinem Galatisch einige Fragen zurück. Da hätte mir eine traditionelle Version ohne Kartoffelsalat unten drin schon fast besser gefallen. Die Seezunge – auf die ich erst gar keine Lust hatte – war hingegen fantastisch. Die Zitrusaromen und die kleinen feinen Kapern waren eine Klasse für sich. Aber Geschmack ist nun mal etwas sehr Persönliches. Und Meckern ist auf diesem Niveau auch nicht ganz fair.
Es gab auch hitzige Diskussionen.
Der Abschluss des Menus polarisierte etwas. Dieser Gang war beschrieben als „Gin/Tonic mit Gurke in der Zitrone“. Mich erinnerte es eher etwas an Caipirinha. Es hat mir trotz einiger Kritik von anderen sehr gut gefallen. Ich hätte dieses Gericht nur als einen erfrischenden Zwischengang serviert (also vor dem Entrecote, das dafür dann etwas wuchtiger im Bereich Rindfleisch). Aber evtl. hat man in der Küche ja vermutet, dass einige die Nacht noch durchmachen wollen. Dafür passend. Doch für mich hieß es jetzt schnell „Out of Hattingen“. Ein großes Kompliment geht an das Team von Diergardt’s . Neben einer Hochzeitsgesellschaft wurden wir als Hauptgäste bewirtet. Das war kreativ und sehr freundlich. Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt und empfehle dieses Restaurant gerne weiter.
Treffen in Bochum und Hattingen: Statt Doppelpass gab es zwei Tage Spaß. Neben dem Wiedertreffen langjähriger Weinfreunde habe ich einige sehr interessante und freundliche Menschen in meinem Umkreis hinzugewonnen. Zudem war es bei Diergardt’s gastronomisch hervorragend, am Currywurststand war es sehr unterhaltsam und im Five recht beschwingt. Also, ein schönes und abwechslungsreiches Wochenende mit dem Exekutivkomitee von Hauptsache Wein. 50 aus 10.000!
Da die Ereignisse um die Ruhr 2010 ganze drei Mal in Gesprächen auftauchten, möchte ich zum Weiterlesen diesen Artikel zum Weintrinken auf der Autobahn empfehlen. Auch mit Riesling von der Mosel. Mindestens der Prüm und der Batterieberg waren damals auch dabei.