Die ProWein war auch in diesem Jahr wieder einmal eine Messe der Superlative. Die Messe Düsseldorf schafft es beständig die Veranstaltung auszubauen: Größere Fläche, mehr Aussteller, neues Hallenkonzept und noch mehr Besucher. Während bei den deutschen Messebesuchern die Zahlen bei ca. 26.000 dauerhaft stabil zu blieben scheint, gab es erneut einen stärkeren Andrang an Besuchern aus aller Welt. Bei einem Zuwachs von insgesamt 6% unterstreicht die ProWein 2013 mit einem Anteil von 40% an internationalen Besuchern noch deutlicher als zuvor ihre Rolle als weltweite Leitmesse. Entsprechend gut gefüllt waren die Messehallen am Rhein drei Tage lang. Zwar war es etwas schwierig sich erstmal neu zu orientieren – vor allem die vom Licht durchflutete Halle 6 war neu aufgestellt (kein Übersee und Spanien, sondern deutsche Aussteller) – das Hallenkonzept ist jedoch schlüssig.
Doch die ProWein beginnt seit einiger Zeit inoffiziell schon einen Tag vorher. Neben vielen anderen Veranstaltungen scheint sich besonders die Präsentation der deutschsprachigen Ausgabe des Gambero Rosso zu etablieren. Weinmesse und Weinführer bekräftigten, dass sie beidseitig von diesem Event profitieren und dies so auch fortsetzen wollen. Für den Messebesucher ergibt sich der Vorteil, dass er schon am Vortag einige der besten Weine Italiens probieren kann. 140 Weingüter aus 20 Regionen waren aus Italien angereist um ihre Weine mit den begehrten drei Gläsern im Gambero Rosso 2013 anzubieten. Für uns war dies eine gute Gelegenheit mal die kleineren und in Deutschland unbekannteren Regionen Italiens zu erkunden.
Und auch an den einzelnen Ständen auf der ProWein gab es reichlich erfreuliche Dinge. Wir begannen den ersten Tag mit einem Schulbesuch in der „Ecole du Vin“ von Bordeaux. Sandra Junker zeigte hier eine Auswahl aus den „100 Bordeaux für jeden Anlass“. Dabei handelt es sich um Weine im Preissegment zwischen 5 und 20 Euro, die von Verkostern um Markus Del Monego MW ausgesucht werden. Besonders dieses Preissegment in Bordeaux verdient wesentlich mehr Beachtung. Über die Grand Crus spricht man wesentlich häufiger. Bei ca. 60% des Umsatzes von Bordeaux machen sie jedoch nur eine Menge von 3% aus. Frau Junker präsentierte in der Weinschule jedoch Weine, die auch angesichts des Preises Spaß machen können.
Der Messeauftritt von Brasilien stand ganz im Zeichen der bevorstehenden Fußballweltmeisterschaft. So konnte man hier mit einem kleinen Heft von Stand zu Stand gehen und die Weine verkosten. An jedem Stand gab es einen Stempel. Für alle, die diesen „Passport to Brasil“ ausgefüllt hatten, gab es jeden Messetag die Möglichkeit eine Reise zur WM nach Brasilien zu gewinnen. Doch die Brasilianer können nicht nur Fußball, sondern auch Wein: So haben wir den Schaumwein von Casa Valduga zuvor schon mal in einer Exotenprobe eingebaut. Derzeit ist Deutschland mit 13% einer der wichtigsten Exportmärkte für Brasilien. Das sportliche Ziel ist mit einer Verdopplung bis 2016 vorgegeben.
Wenig später finden wir uns in der Champagne wieder. Hier gab es beim jüngsten Champagnerhaus Bruno Paillard wunderbare Tropfen aus drei Jahrzehnten. Das waren 2002, 1999, 1995 und 1989. Alles vier sind noch recht frisch da. Bei dem ältesten Champagner aus 1989 sollte man erwähnen, dass er 12 Jahre auf der Hefe lag, was sein Alter zur einen Hälfte erklärt. Die andere Hälfte ist die hohe Qualität bei Bruno Paillard. Und eine dritte Hälfte, die den Charme dieses Champagnerhauses ausmacht, sind die Künstleretiketten. Mit diesen wunderbaren Bildern mit Titeln wie „Seerose“ oder „Liebe und Seide“ gerät man ins schwärmen über die Kunstwerke in den Flaschen. Und das jenseits der bekannten Weinsprache.
Weiter geht es nach Neuseeland. Diese recht junge Weinnation ist besonders mit ihren Sauvignon Blancs auf dem deutschen Markt beliebt. Die Region Marlborough ist hierzulande sehr bekannt. Das ist nicht verwunderlich, so handelt es sich um die flächenmäßig größte Weinregion in Neuseeland. Zudem ist dort der Anteil von Sauvignon Blanc am höchsten. Resultierend findet man in Deutschland Konsumweine um 6 Euro pro Flasche bis zu Kultweinen wie den Cloudy Bay. Doch wir interessierten und für Pinot Noir aus Neuseeland. Diese machen zwar nur 9% an der Erzeugung aus, es handelt sich jedoch um die wichtigste rote Rebsorte des Landes, die zudem in den vergangenen Jahren eine immer stärkere Nachfrage weltweit erfahren hat. Dominik Trick und Patrick Johner (Foto) moderierten eine Verkostung von 7 Weinen aus verschiedenen Regionen/Subregionen von Neuseeland.
Dabei war nicht nur beeindruckend, wie jung und dynamisch die Weinerzeugung hier noch ist. Auch die geschmackliche Vielfalt überraschte. Zwei Pinot Noirs gefielen uns besonders gut. Da ist zum einen der 2009er von Palliser Estate in Wairarapa (Martinborough). Dieser zeigt sich mit runder Frucht von Pflaume bis Kirsche in der Nase. Frische Säure umspült den Gaumen. Der Pinot aus Martinborough präsentiert sich mit kräftigen Tanninen. Die zweite Entdeckung war der 2010er „Road Ridge“ von Auntsfield. Dieser Pinot Noir kommt aus dem Southern Valley von Marlborough. Dieser ist mit reifer roter Johannisbeere schön rund in der Nase. Eine lebendige Säure zeigt sich am Gaumen.
Wieder zurück in Europa geht es nach Apulien. Hier versteht man sich zunehmend darauf gute und erschwingliche Alltagsweine in die Flasche zu bekommen. Die hinlänglich bekannten roten Klassiker Negroamaro und Primitivo bekommen eine inzwischen eine umfangreichere Erweiterung in den Farben Weiß und Rose. Bei ein einer kleinen Verkostung gefielen uns hier vor allem der Bianco Biologico Salento aus 2012 von Amastuola. Die Cantine Ferri präsentierte schmackhaften den Rubeo Puglia Rosato ebenfalls aus 2012. Alt werden diese Weine jedenfalls nicht.
Weiter ging es dann im Sauseschritt nach Spanien. Die Bodegas Roda blickte hier auf 25 Jahre zurück. Man erzeugt in Rioja unter dem Namen Roda recht volle und fruchtige Rotweine. In Ribera del Duero wird der Name Corimbo verwendet. Selten gibt es eine so reiche Frucht in den Weinen dieses Gebiets. Die Verkostung – geleitet vom Chefönologen Augustin Santolaya – reichte zurück bis ins Jahr 1994. Es ist sicherlich kein wirkliches Geheimnis, dass Tempranillo (Widersinn des Namens) wirklich auch alt werden kann. Uns gefiel in der gesamten Präsentation besonders der Roda I aus 2004. Hier war die Mischung aus einem Alterungsbeginn und der jugendlich fruchtigen Fülle hervorragend stimmig.
Den Höhepunkt auf der ProWein gab es am Stand der „Primum Familiae Vini“. Hier gab es ein wahres Feuerwerk an hervorragenden Weinen. Es mag nicht wenigen anwesenden so gegangen sein, dass man sich hier keine Notizen mehr macht. Da gilt es nur den Mund vor Erstaunen nicht offen stehen zu lassen (denn das sieht nicht gut aus) und den köstlichen Augenblick zu genießen. Die ganze Veranstaltung startete gebührlich mit dem 2000er Sir Winston Churchill von Pol Roger.
Dann gab es von Hugel Reisling Jubilee 2007, von Drouhin Montrachet 2010. Weiter mit den Rotweinen Mas la Plana 2007 von Torres, Solaia 2009, Le Petit Mouton 2009, Chateau de Beaucastel 2009, Vega Sicilia Unico 2003 und Sassicaia 1996. Die Auslese Goldkapsel von Egon Müller aus kam aus der Magnumflasche und wurde dann wirklich auch getrunken. Sicherlich ist es ein Frevel, jedoch ließen wir die Verkostung des 1969 Grahams Single Harvest Tawny aus und besorgten uns lieber einen weiteren Schluck vom Scharzhofberger.
Nicht nur bezüglich der hohen Qualität der Weine: Bei all den Superlativen war die ProWein für die Größe der Messe und die Anzahl der Stände viel zu kurz. Von Jahr zu Jahr wird das Tempo der Besuche bei Weingütern, Anbauregionen und Vermarktern beständig erhöht. Es ist genauso erstaunlich und erfreulich wie viele bekannte Gesichter man immer wieder gerne zufällig auf der ProWein trifft. Und noch überraschender ist es, wenn man einigen Weinfreunden trotz ihrer Anwesenheit auf der Messe leider nicht begegnet ist. Nächstes Jahr sehen wir uns bestimmt (wieder).
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